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rauhe und sich sehr verhärtende Sandstein gibt vortreffliche Mühlsteine, die in großer Menge gebrochen, hier behauen und nach verschiedenen Gegenden, besonders aber nach Oberschwaben, Bayern, in die Schweiz und ins Österreichische ausgeführt werden. Man rechnet, daß jährlich, wenn die Witterung das Geschäft begünstigt, gegen 200 Stück Mühlsteine gebrochen und 1000–1500 Wagen Bausteine, Marksteine, Tröge etc. verkauft werden können. Einer der besten dieser Steinbrüche liegt übrigens schon auf der Markung Hardt und ist Staatseigenthum, aber an Ober-Ensinger Privaten verpachtet. Gute Hafnererde findet sich in der Nähe der Steingruben, auch Streusand kommt zum auswärtigen Verkauf.

Der Ort zählt neben einigen Wohlhabenden viele Arme, die bei dem Mangel an Grundbesitz an den Arbeitsverdienst in der nahen Stadt und Taglohnen in den Steinbrüchen gewiesen sind. Denn seit Rösler schrieb (Beiträge etc. III., 140): „Äcker und Wiesen sind für die Inwohnerschaft hinlänglich,“ haben sich die Verhältnisse sehr geändert; während 1786 der Ort 374 Seelen zählte, leben jetzt deren 829 hier. Die Weber, dann die Maurer und Steinhauer machen das zahlreichste Gewerbe aus. Es sind hier 3 Schildwirthe, eine sehr frequente Mahlmühle, eine Hanfreibe, eine neu angelegte Säg- und Öl-, eine neu eingerichtete Öl- und Gyps-Mühle und ein Gemeinde-Backhaus. Die Gemeinde hat einigen Grundbesitz, namentlich einen Laubwald in gutem Stand. Sämmtliche Zehnten bezieht der Staat. Zehntfrei und bloß staatsteuerpfichtig sind 533/4 Morgen Äcker, Wiesen und Länder, zum (innern) Schloßgut gehörig. Das Fischrecht in der Aich gehört Privaten.

Den hiesigen Armen machte die verwittwete Hofmarschallin Caroline Freifrau Waldner von Freundstein-Coligny, geb. Freiin von Vietinghof, welche eine Reihe von Jahren im hiesigen Schlößchen wohnte († 1845 in Homburg auf der Höhe), eine Stiftung von 1200 fl. (W. Jahrbücher 1846, Heft I. S. 83.)

Das Dorf ist in der Ausmündung des Aichthales eben gelegen und nur auf der Nordseite an die jähen Grubberge und an die steilen, mit Obstbäumen bewaldeten Höhen angelehnt, etwas weitläufig gebaut und von Nürtingen her freundlich sich ankündigend. Die Pfarrkirche, zugleich Mutterkirche von Hardt und Zitzishausen, ein altes, kleines, unansehnliches Gebäude, hat 1727 eine Hauptreparatur erfahren. Die Baulast trägt observanzmäßig, da der Heilige unvermöglich ist, der letztere nur zu 1/3, zu 1/3 die Gemeinde und zu 1/3 die Gemeinden Hardt und Zitzishausen. Bis 1723 war die Parochie ein Filial des Diakons in Nürtingen.

Empfohlene Zitierweise:
August Friedrich Pauly: Beschreibung des Oberamts Nürtingen. J. G. Cotta'sche Buchhandlung, Stuttgart und Tübingen 1848, Seite 210. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:OAN%C3%BCrtingen_210.png&oldid=- (Version vom 1.8.2018)