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außer den Schulkindern auch Ältere (männlichen Geschlechts) mit hinaussingen, bald in größerer, bald in kleinerer Anzahl, je nachdem der Verstorbene angesehen und beliebt war. Auf den Kirchhöfen sieht man in manchen Orten sauber gearbeitete steinerne Grabdenkmäler, welche zum Theil guten Geschmack zeigen und den Einfluß eines künstlerischen Elements (Bildhauer Zartmann in Neckarsulm) erkennen lassen.

Erwähnen wollen wir noch eine jetzt abgegangene Sitte, beziehungsweise Unsitte, die früher in Kochendorf herrschte, jetzt aber gänzlich aufgehört hat, das sog. „Elbenträtschenjagen“.[1] Die ledigen Bursche redeten einem beschränkten, oder auch habsüchtigen Menschen ein, am Hochstädterrain-Brünnlein (in der Nähe der Kochermündung) lasse sich zuweilen Nachts ein sehr werthvolles Thier, eine Art Fischotter, mit kostbarem Pelz fangen. Wenn dann der Mensch mit einem Korb und Messer versehen placirt ist, stellen sich die ledigen Bursche flußaufwärts in einer Linie auf mit Peitschen und knallen lustig, bis ihnen die Sache entleidet. Dann gehen sie heim und lassen den Menschen stehen, der hintendrein der Gegenstand des allgemeinen Gespöttes wurde. – Es heißt, die Sache habe durch ein förmliches Verbot aufgehört.

Was ferner den religiösen Sinn betrifft, so wird derselbe in den evangelischen, wie in den katholischen Gegenden, fast allgemein gerühmt; die Bevölkerung bethätigt ihren kirchlichen Sinn durch eifrigen Kirchenbesuch und Interesse für kirchliche Einrichtungen, Sammlungen etc. In manchen katholischen Orten, voran die Oberamtsstadt, geschieht nicht Unerhebliches zur äußeren Schmückung der Kirche, worin übrigens auch die evangelischen in neuerer Zeit nicht zurückbleiben. Zur Sektirerei scheint die Bevölkerung im Ganzen wenig geneigt; auch der altwürttembergische Pietismus findet einen magern Boden.

Wie überall, so läuft auch hier neben dem Glauben der Aberglaube in mehrfacher Erscheinung nebenher. Hexen- und Geisterglauben spukt zum Theil noch hier und dort, Geistererlösungen haben vor noch nicht langer Zeit eine Rolle bei einer Bevölkerung gespielt, bei der man solches nicht vermuthet hätte; Schatzgraben versuchte auch schon hier oder dort einer, sich zum Schaden


  1. Die gleiche Sage in Mittel- und Oberschwaben, s. Meier Deutsche Sagen in Schwaben 88 ff. Zum Wort vergl. Grimm, Deutsche Mythologie 2. A. 412: Ölpe- Alber-Drelpetrütsch, Elpen-Tölpentrötsch, Trilpentrisch, Hilpentritsch etc., denkt man sich einen linkischen einfältigen Menschen, dem die Elbe (Geister) etwas angethan haben.
Empfohlene Zitierweise:
Julius Hartmann und Eduard Paulus der Jüngere: Beschreibung des Oberamts Neckarsulm. Kohlhammer, Stuttgart 1881, Seite 111. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:OANeckarsulm0111.jpg&oldid=- (Version vom 1.8.2018)