Seite:OANeckarsulm0456.jpg

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dem oberen Schloß auf einer nach Ost und Südost gegen die Gasse etwas abfallenden Terrasse erbaut ist. Der Platz auf dem sie steht, ist der bis ins 16. Jahrhundert benützte Begräbnisplatz; er war bis 1860 mit einer Mauer umgeben, mit einem Thor im Nordosten, liegt aber jetzt ganz frei. Über den erstmaligen Bau der Kirche fehlen die Nachrichten; im J. 1595 wurde vom Ritterstift Wimpfen ein Neubau vorgenommen; der Thurm, 1655 vom Blitz getroffen und abgebrannt, wurde nach langem Streit zwischen Eva Elisabeth Greck, Wolf Konrads Witwe, und dem genannten Stift 1661 neu gebaut.

Im Jahr 1871 ist die Außenseite der Kirche restaurirt worden; 1872 wurde sie innen getüncht. In das Schiff treten wir durch die Hauptthüre an der Nordseite, geschweifter Spitzbogen mit Renaissance-Ornamenten, darüber das Grecksche und Gemmingensche Wappen und die seit 1871 wieder hergestellte Inschrift Psalm 26, 8. Ein weiterer kleinerer Eingang im Spitzbogen mit Eselsrücken befindet sich daneben an der Nordseite, der zugleich zu der steinernen Wendeltreppe in den Thurm führt. Die Decke ist gewölbt; 5 große Fenster im schwachen Spitzbogen und mehrere kleine, sowie 10 viereckige Lichtöffnungen in der hölzernen Deckenwölbung machen die Kirche im Innern sehr hell und freundlich. Das Dach des Schiffs war früher niederer, wie auch eine nach Westen auf den jetzigen Dachboden des Schiffs gehende romanische Fensteröffnung am Thurm beweist. Gegen Westen ist eine doppelte mit den Bildern Christi und der 12 Apostel verzierte Empore; auf der östlichen steht die neue seit 1878 von Schäfer in Heilbronn aufgestellte Orgel mit 18 Registern. (Zu den 6200 M., die sie kostete, stiftete die von Wächter-Lautenbachsche Familie 2000 M.) Die hölzerne Orgel an der Südseite, im Renaissancestil mit den gemalten Bildern der Evangelisten wurde 1861 restaurirt; 1858 wurden neue Frauenstühle aufgestellt, 1859 der Taufstein und der Altar, ausgeführt von Bildhauer Zartmann in Neckarsulm. Der kleine Chor befindet sich im unteren Geschoß des östlich angebauten Thurms; er hat Kreuzgewölbe und zeigt in der nordöstlichen Ecke ein Sakramenthäuschen mit gothischer Ornamentik, dabei die Worte: ecce panis angelorum. Der viereckige Thurm selbst aber, in 5 Geschoßen ohne Verjüngung aufsteigend, hatte ursprünglich wie wohl auch die Kirche, romanischen Stil, der jedoch allmählich fast ganz dem gothischen gewichen ist; noch im Jahr 1859 ragte das dritte Stockwerk mit den romanischen Fensterchen

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Julius Hartmann und Eduard Paulus der Jüngere: Beschreibung des Oberamts Neckarsulm. Kohlhammer, Stuttgart 1881, Seite 456. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:OANeckarsulm0456.jpg&oldid=- (Version vom 1.8.2018)