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Dorfs an Württemberg, welches übrigens schon nach zwei Jahren dasselbe der Familie wieder zurück verkaufte, 1672 an Daniel von Saint André, dessen Familie sich 1710 ein Schlößchen in K. baute. 1749 starb die Familie Greck aus und kam ihr Lehensbesitz an die Familie von Gemmingen. Die St. André verkauften ihren Theil 1761 an den Ritterkanton Odenwald, welcher im oberen Schloß seine Kanzlei einrichtete, auch eine Ritterschule, sowie ein Waisen-, Zucht- und Arbeitshaus gründete. Als ritterschaftlicher Konsulent wohnte in den Jahren 1803–7 im oberen Schloß, 1807–8 im Lehenschloß der einer altwürttembergischen Familie entstammte Jurist Christoph Friedrich Mayer, umgeben von einer zahlreichen Kinderschaar, worunter Karl M., der bekannte Dichter († 1870 in Tübingen), August M., frühe als Dichter und Musiker geschätzt, geblieben im russischen Feldzug 1812, Louis M., nachmals tüchtiger Landschaftsmaler († 1843), der feinsinnige Fritz M., als pensionirter Salinekassier von Jagstfeld noch heute lebend, endlich der als Zeichner vielversprechende Neffe Mayers Karl Gangloff, dessen frühen Hingang 1814 die Freunde des Hauses, Uhland und Kerner, in wehmuthsvollen Liedern beklagt haben. Es war auch sonst damals in K. edle Kunstthätigkeit zu finden: der „Steuertrompeter“ (Einnehmer) Bayer, später Oberzollverwalter in Heilbronn, war ein tüchtiger Radirer und einer der Söhne des Rechnungskommissärs Hölder bildete sich zum beliebten Novellisten heran. 1806 bei Aufhebung der Reichsritterschaft kam deren Theil an Württemberg und wurde K. Sitz eines Kameralamts, was es aber nur bis 1829 geblieben ist. 1807 f. lag ein Theil des Füsilierregiments von Neubronn, welches in Horneck seine Garnison bekam, in K. bei den Bürgern im Quartier, nemlich vom 26. Dez. 1807 bis 1. Jan. 1808: 5 Offiziere, 12 Unteroffiziere, 102 Gemeine, 4 Weiber und 3 Kinder auf dem Kriegsfuß, dann bis 11. August 1808 auf dem Friedensfuß: 3 Offiziere je 91 Tage, 1 Offizier je 15 Tage, 1 Offizier je 1 Tag und täglich 10 Unteroffiziere, 25–30 Gemeine, 3–7 Weiber, 2–6 Kinder, „bis das Militär in die Kaserne in Kochendorf einrücken kann“. Darüber aber, ob und wo die Kaserne eingerichtet wurde, konnte nichts bestimmtes ermittelt werden; es scheint, daß es der sogenannte Syndikus Jäger’sche neue Bau war, welcher im Jahre 1806 vom 10. Mai bis 24. Sept. für das französische 25. und 85. Linien-Infanterie-Regiment als Feldspital gedient hat, 1809 zu einem Zwangsarbeitsinstitut erworben, aber 1812 abgebrochen worden

Empfohlene Zitierweise:
Julius Hartmann und Eduard Paulus der Jüngere: Beschreibung des Oberamts Neckarsulm. Kohlhammer, Stuttgart 1881, Seite 468. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:OANeckarsulm0468.jpg&oldid=- (Version vom 1.8.2018)