Seite:OANeckarsulm0541.jpg

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Das dritte Stockwerk, mit ringsherumgehender Galerie versehen und etwas zurückgesetzt, enthält die Glocken; über diesem kommt auf kräftig profilirtem Gesimse das etwas sonderbar geformte, chinesisch anmuthende, eingezogene Dach mit Schiefer gedeckt; darüber ein viereckiger, mit schiefergedeckter Kuppel versehener Aufsatz, welcher die Uhr enthält. Im oberen Theil des Thurms befand sich früher die Hochwächters- und Stadtzinkenistenwohnung; nachdem aber dieser Theil im Jahr 1831 sammt dem Glockenstuhl abgebrannt war, wurde der Thurm in seiner jetzigen Gestalt und ohne Hochwächterswohnung hergestellt. Auf dem Thurm hängen 3 Glocken, sämmtliche, nachdem die alten beim Brand zerschmolzen waren, durch Glockengießer Neubert in Ludwigsburg hergestellt. Die Erhaltung der Kirche liegt nach Vertrag von 1775 dem Heiligen allein ob; das pium corpus muß die Glocken auf dem Thurm, die Stadt den Thurm selbst nebst der Uhr unterhalten.

Von Kirchengeräthen verdienen Erwähnung die von Herzog Karl Rudolf († 1742) für die Stiftskirche gestifteten vasa sacra, nemlich 2 große silberne innen vergoldete Kannen, ein außen vergoldeter silberner Kelch, eine silberne innen vergoldete Hostienkapsel und eine silberne Patene. Diese sämmtlichen Geräthe sind geschmückt mit dem herzogl. württembergischen und Braunschweig-Lüneburgischen Wappen und haben die Inschrift F. H. Z. W. C. A. H. Z. W. G. H. Z. B. V. L. (Friedrich Herzog zu Württ., Clara Augusta Herzogin zu Württ. geb. Herz. zu Braunschw. u. Lüneb.)

Der gegenwärtige Begräbnisplatz liegt außerhalb der Stadt, ca. 220 m vom obern Thor entfernt am Bergabhang gegen das Brettachthal, etwas abschüssig, aber trocken und sonnig. Er ist seit dem Jahr 1636 in Verwendung; vor dieser Zeit bildete der Kirchhof bei der alten Kirche von Helmbund den Begräbnisplatz für Neuenstadt, er wurde aber vom genannten Jahr ab allmählich aufgegeben und verlassen. (s. u.)

Der Gottesacker ist entstanden durch verschiedene Stiftungen von Gartenstücken durch Private; als erster Stifter wird genannt der am 14. Okt. 1636 gestorbene Otto Bauer von Cassel, juris utriusque licentiatus, der selbst am 16. Okt. 1636 „oben bei der Thüren“ als der erste begraben wurde. (Weitere Legate: von Laurentius Schmeltz 1650, von den Schmeltz’schen Erben 1676, von Friedrich Krieger 1708, von Friedrich Müller 1779/80, aus der Dr. C. A. Möricke’schen Stiftung 1875/76.)

Empfohlene Zitierweise:
Julius Hartmann und Eduard Paulus der Jüngere: Beschreibung des Oberamts Neckarsulm. Kohlhammer, Stuttgart 1881, Seite 541. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:OANeckarsulm0541.jpg&oldid=- (Version vom 1.8.2018)