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Ernst Boger, Karl Eduard Paulus: Beschreibung des Oberamts Oehringen

In der Mitte der Stadt steht das ansehnliche, dreistockige Rathhaus mit Thürmchen und kunstreicher Uhr auf dem First; es wurde 1743, nachdem das frühere abgebrannt war, neu aufgebaut.

Das südlich der Kirche an der Stadtmauer gelegene, ziemlich veraltete Schulhaus enthält zwei Lehrzimmer und die Wohngelasse des Knaben- und des Mädchen-Schulmeisters.

An der Vorstadt steht das in einem freundlichen modernen Stil erbaute Bahnhofgebäude.

Gutes Trinkwasser liefern reichlich fünf öffentliche laufende und fünf Pumpbrunnen. Etwa 600 Schritte oberhalb des Orts befindet sich eine Mineralquelle, der Sehnersbrunnen; die Hauptbestandtheile sind schwefelsaures Natron und schwefelsaure Kalkerde.

Der Epbach, über den innerhalb der Markung fünf steinerne Brücken angelegt sind, setzt die Schleifmühle mit zwei Mahlgängen und einem Gerbgang, die Herrenmühle mit zwei Mahlgängen und einem Gerbgang, Gypsstampfe und einer Hanfreibe, und die Windmühle mit zwei Mahlgängen, einem Gerbgang, Gypsstampfe und Hanfreibe in Bewegung. Eine Ölmühle besteht außerhalb des Orts.

Außer der am Ort vorbeiführenden Oehringen–Haller Eisenbahn, geht noch die Oehringen–Haller- beziehungsweise Künzelsauer Landstraße durch die Stadt. Überdieß sind Vicinalstraßen nach Eschelbach, Kirchensall und Friedrichsruhe angelegt, so daß der Verkehr der Stadt mit der Umgegend hinlänglich vermittelt ist.

Die Haupterwerbsquellen der im allgemeinen rührigen Einwohner bestehen in Feldbau und Viehzucht, nebenbei ist der Handel und das Gewerbe bei der Wohlhabenheit der Umgegend nicht unbedeutend; es sind sechs Handlungen, zehn Schildwirthschaften, zwei Brauereien und die gewöhnlichen Handwerker vorhanden, die jedoch nebenbei noch Landwirthschaft treiben.

Die Vermögensverhältnisse der Einwohner, wie auch der Gemeinde, haben sich in neuerer Zeit sichtlich verbessert und gehören jetzt zu den mittelmäßigen des Bezirks; die vermöglichste Klasse besitzt etwa 100 Morgen, die mittlere 10–20 Morgen, die unbemittelte 1–2 Morgen oder gar kein Grundeigenthum. Gegenwärtig erhalten etwa 36 Personen Unterstützung von Seiten der Gemeinde.

Die ziemlich große, durchaus für den Feldbau benützte Markung ist beinahe eben und hat größtentheils einen sehr guten Lehmboden, der reichen Ertrag, besonders an Gerste und Dinkel, liefert.

Die Landwirthschaft wird sehr fleißig betrieben und erlaubt einen beträchtlichen Absatz an Getreidefrüchten (etwa 600 Scheffel)

Empfohlene Zitierweise:
Ernst Boger, Karl Eduard Paulus: Beschreibung des Oberamts Oehringen. H. Lindemann, Stuttgart 1865, Seite 284. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:OAOehringen0284.png&oldid=- (Version vom 1.8.2018)