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Was den Kretinismus anbelangt, so werden namentlich die Orte Bühlingen und Lauffen mit 1 Kretine auf 95 und 89 Einwohner aufgeführt (s. württemb. Jahrbücher von 1855, II. S. 67).

Nach der mit der Zollvereinszählung im Jahr 1861 verbunden gewesenen Aufnahme wurden gezählt Irrsinnige 9, Blödsinnige 43, Taubstumme 36, Blinde 22.

Im Jahr 1853 war die absolute Zahl derselben im Oberamt Rottweil: Irrsinnige 22, Blödsinnige 61, Taubstumme 36, Blinde 32.


Stamm und Eigenschaften der Einwohner.[1]

Die Bewohner des Oberamts Rottweil erscheinen hauptsächlich als Abkömmlinge der Alemannen, die gegen das Ende des vierten Jahrhunderts das Land vom Bodensee bis an die Lahn innehatten. Das Herzogthum Alemannien erstreckte sich später vom Gotthard bis zur Murg und vom Jura bis zum Lech. Die Alemannen wurden zuletzt von den Franken besiegt und unterworfen, aber nicht vertrieben oder ausgerottet, sondern nur beherrscht. Das spätere sogenannte Schwabenland gehörte zu Alemannien. Die Alemannen fanden in diesem Lande Abkömmlinge von Celten und Römern, und indem sie sich mit ihnen vermischten, entstand bezüglich der Abstammung ein gemischtes Volk. Die Bewohner des Oberamts erweisen sich aber durch Sprache, Körperbildung und Sitten vorzugsweise als Nachkommen der Alemannen.

Die Hauptbeschäftigungen der Bezirkseinwohner bilden Ackerbau und Viehzucht, zum kleinen Theile auch Waldarbeiten; die Industrie nimmt nur eine kleine Anzahl von Arbeitskräften in Anspruch: Rottweil hat die kgl. Saline Wilhelmshall, eine Pulverfabrik, eine Zündholzfabrik und eine größere Shirtingweberei, welch’ letztere über hundert Arbeiter aus den Gemeinden Bühlingen, Lauffen, Deißlingen und Göllsdorf beschäftigt; Schwenningen bedeutende Uhrenfabriken, Dunningen eine Strohhutfabrik; im Übrigen aber ist in den Landgemeinden des Bezirks nur das Kleingewerbe vertreten, welches sich meist auf das örtliche Bedürfniß beschränkt und neben der Landwirthschaft betrieben wird.

Was den physischen Charakter der Einwohner anbelangt, so ist derselbe im Ganzen ein kräftiger und ausdauernder zu nennen; nach einer Durchschnittsberechnung aus den Jahren 1853 bis 1871 erreichten 11 Proc. sämtlicher Gestorbenen ein Alter von 70 Jahren


  1. Von Oberamtsarzt, Professor Dr. Rapp in Rottweil.
Empfohlene Zitierweise:
Karl Eduard Paulus: Beschreibung des Oberamts Rottweil. H. Lindemann, Stuttgart 1875, Seite 89. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:OARottweil0089.jpg&oldid=- (Version vom 1.8.2018)