Seite:OARottweil0177.jpg

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Friedrichsplatz, der die Verlängerung der Hochbrückenstraße bildet, der Platz vor der Realschule (ehem. Hofgerichtsgarten) und der ehemalige Begräbnißplatz bei der Lorenzkirche, auf dem noch einige alte Grabsteine stehen.

An den Straßen und Plätzen lagern nun ganz gedrängt die im allgemeinen nicht großen, und mit Ausnahme einiger neuerer Gebäude, größtentheils aus dem Ende des 17. oder Anfang des 18. Jahrhunderts stammenden Häuser, deren meist aus Stein aufgeführte Unterstöcke jedoch häufig einer früheren Zeit angehören, während die übrigen Stockwerke größtentheils aus Tannenholz errichtet sind. Die Gebäude stehen nicht, wie in anderen alten Städten, mit den Giebelseiten, sondern mit den Breitseiten gegen die Straßen und sind häufig mit niederen, altväterischen Fenstern versehen. Beinahe ein Drittel der Gebäude zieren hübsche Erker, die entweder über ein Stockwerk, nicht selten auch über 2 und 3 Stockwerke hinaufreichen. Die Erker bilden meist halbe Sechsecke, an den Eckhäusern dreiviertel Acht- oder Zehnecke und sind theilweise an den Brüstungen mit kunstreichen Holzsculpturen (Laub- und Blumenwerk, Wappen etc.) reich verziert (s. hier. auch unten). Diese niedlichen Erker an den heimlichen Häusern sind es hauptsächlich, die der Stadt einen so gemüthlichen Charakter verleihen und neben ihnen imponiren um so mehr die einzelnen öffentlichen, theilweise großartigen Gebäude, namentlich die herrlichen Kirchen, und verkündigen den schon lange eingebürgerten Wohlstand der ehemaligen Reichsstadt.

Von öffentlichen Gebäuden nennen wir in erster Linie die Kirchen und zwar:

1. Die Heiligkreuzkirche. Sie steht hoch im nordwestlichen Theile der Stadt auf einem freien mit Linden- und Kastanienbäumen besetzten Platze, und stammt aus drei verschiedenen Zeiten, die sich unschwer an ihr nachweisen lassen (s. auch den beigegebenen Grundriß). Der erste Bau fällt in den Beginn des dreizehnten Jahrhunderts, zeigte den Übergang vom Rundbogen- in den Spitzbogenstil: davon ist noch erhalten das Westportal, der das südliche Seitenschiff der Kirche unterbrechende Thurm, die beiden an ihn stoßenden spitzbogigen und auf drei viereckigen Pfeilern ruhenden Arkaden des Mittelschiffes und die unteren Theile des Triumphbogens. Die damalige Kirche war eine gestreckte, dreischiffige, flachgedeckte Pfeiler-Basilika; die bescheidene Ausdehnung ihrer niedrigen Nebenschiffe und des noch einmal so hohen Mittelschiffes, das die Breite des jetzigen Mittelschiffes hatte, erschaut man noch im Umriß an der Westfront der jetzigen Kirche. – Hundert bis hundert und fünfzig Jahre später wurden in den edlen Formen der entwickelten Gothik der das Mittelschiff der Kirche bedeutend überragende Chor

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Karl Eduard Paulus: Beschreibung des Oberamts Rottweil. H. Lindemann, Stuttgart 1875, Seite 177. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:OARottweil0177.jpg&oldid=- (Version vom 1.8.2018)