Seite:OARottweil0180.jpg

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verwitterten Kapitellen der beiden Freipfeiler stehen auch theilweise beschädigte steinerne Figürchen: Christophorus, Barbara, Christus u. s. w., und an den Schmalseiten der Vorhalle auf Konsolen die vier Kirchenväter. Den schönen Schlußstein des verschlungenen Netzgewölbes ziert ein Engel, den Stadtadler haltend, und über dem Eingang ist eine treffliche, leider weiß getünchte Steinskulptur mit der Jahreszahl 1441 angebracht: Christus am Kreuz mit Maria und Johannes, mit St. Georg und einer weiblichen Heiligen. Zum Gekreuzigten schweben vier schön geflügelte Engel herbei. An der Südseite des Chores befindet sich sodann in Holz geschnitzt ein großer Ölberg, in sehr spätem gothischem Geschmack und von keinem bedeutenden Kunstwerth. 1

Das durchaus gewölbte Innere der Kirche macht einen sehr schönen und harmonischen Eindruck, bewirkt durch die durchgängige Wölbung und Bemalung, das Fehlen aller Emporen, die stolze Höhe des Hauptschiffes, die Auflösung der Langwände der Seitenschiffe in Kapellenreihen und die Erfüllung der Chorfenster mit prächtigen Glasgemälden. Reich belebt mit Kehlen und Rundstäben steigen die Mittelschiffpfeiler empor und verbreiten im Hauptschiff und in den Seitenschiffen vielgestaltige, scharfgerippte, mit zahlreichen Schlußsteinen geschmückte Netzgewölbe, wozu der schlanke, von starken Rippenkreuzgewölben übersprengte Chor einen trefflichen Abschluß bildet, während in sämtlichen Kapellen wieder prächtige Netzgewölbe sich verzweigen. Alles schön bemalt mit Flammen und Blumen, im Chor mit goldenen Sternen auf blauem Grund. Das Mittelschiff hat an seinen reich gegliederten Pfeilern die (neueren) Gestalten der zwölf Apostel, auf hölzernen Konsolen stehend, ist beträchtlich über die Seitenschiffe erhöht, doch nicht so, daß es eigene Fenster erhalten konnte, und zeigt an seinem sternartigen Netzgewölbe 14 große und mehrere kleinere Schlußsteine, die theils Rottweiler Patrizierwappen, eines darunter mit der Jahreszahl 1517, theils die Bildnisse verschiedener Heiliger enthalten, wie des Nikolas, Paulus, der Margareta, Katharina, Maria, Barbara, des Sebastian. Die Jahreszahl 1517 bezeichnet ohne Zweifel das Jahr der Überwölbung des Hochschiffes; bedeutend früher wurden die Seitenschiffe zugewölbt, am frühesten das südliche. Auf einem seiner östlichen Schlußsteine steht: H. Wegele. Kircher. 1497; auf den andern hier befindlichen Schlußsteinen, es sind im Ganzen 18, sieht man wieder verschiedene Heilige dargestellt: Apostel, Engel mit Schweißtuch, eine Heilige mit egyptischem Kreuz (Julia?), dann Barbara, Ursula, Katharina, Christuskopf, Stadtadler, Dornenkrone und zuletzt im äußersten Osten das Meisterzeichen des Baumeisters. – Dasselbe findet sich auch an der Leonhardskirche zu Stuttgart und an der Stadtkirche zu

Empfohlene Zitierweise:
Karl Eduard Paulus: Beschreibung des Oberamts Rottweil. H. Lindemann, Stuttgart 1875, Seite 180. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:OARottweil0180.jpg&oldid=- (Version vom 1.8.2018)