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Namen der vier Evangelisten. Die zweitgrößte Glocke hat ganz dieselbe Umschrift, aber in gothischen Minuskeln, und ferner anno 1418 hans klain. Auf der drittgrößten Glocke steht in gothischen Minuskeln: Ave maria gracia plena dominus tecum 1488. Auf der kleinsten (sog. silbernen) Glocke steht cristus regnat cristus … und die Jahreszahl 1460.

3. Die protestantische Kirche, frühere Dominikanerkirche. Leider stark verzopft, aber einst ein herrlicher strenger frühgothischer Bau, dessen halb zehneckig schließender, noch erhaltener Chor mächtig aus dem nordöstlichen Theil der Stadt hervorragt. Zwar ist auch dieser Chor ziemlich entstellt, indem seine schlanken Spitzbogenfenster oben vermauert worden sind, doch stehen außen noch die schlichten hohen Strebepfeiler und über den Fenstern ziehen sich, wie an der Kreuzkirche, kleine Maßwerksrosettchen hin. Innen ist noch das ganze Rippenkreuzgewölbe erhalten, sowie die feinen Rundsäulen, die es tragen; freilich sind jetzt ihre Kapitelle durch in Stuck ausgeführte Putten verdeckt, und auch die zart profilirten Rippen versinken gegen oben in schweren Zopfwülsten.

Das breite, 1753 neu aufgeführte Schiff ist ein großartiger Raum mit Seitenkapellen und auf’s reichste verziert mit Stuckarbeiten und großen Fresken. Höchst ausartende im Zopfstil gehaltene Pilaster, Altäre und Stühle beleben noch weiter das Innere. Im Hauptbild oben an der flachen Schiffdecke ist die Bestürmung von Rottweil durch den französischen Marschall Guebriant und dessen Verwundung (den 17. November 1643) dargestellt, ein riesenhaftes Freskobild mit der Unterschrift: Josephus Wannenmacher Academico Romano Pittore de Tomertinga invenit et fecit 1755.

Derselbe Meister malte auch die Fresken in der Gottesackerkirche zu St. Leonhard in (schwäb.) Gmünd.

Marschall Guebriant starb am 25. November im hiesigen Dominikanerkloster und seine Eingeweide wurden im Chor der Dominikanerkirche begraben.

Die Seitenaltäre enthalten zum Theil tüchtige Ölbilder aus der Spätrenaissancezeit, an einem derselben steht: Jo. Achert inv.

Der kolossale Hochaltar enthält die Statuen Petri und Pauli und ein tüchtiges Mittelbild. Die Kanzel ist in schönem Rococo, der Taufstein alt und achteckig. An der Nordwand des Chors der kleine Grabstein des Priors Linsenmann, † 2. März 1795, 77 Jahre alt. Nördlich am Chore steht die Sakristei, eine schöne altgothische Kapelle mit Altartisch, die von drei Rippenkreuzgewölben übersprengt wird. Auf einem der Schlußsteine sieht man zwei Büffelhörner.

Empfohlene Zitierweise:
Karl Eduard Paulus: Beschreibung des Oberamts Rottweil. H. Lindemann, Stuttgart 1875, Seite 191. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:OARottweil0191.jpg&oldid=- (Version vom 1.8.2018)