Seite:OARottweil0196.jpg

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manche derselben in den Familien Jahrhunderte lang fortgeerbt; und es ist zu hoffen, es möchten auch für die Zukunft diese echten und stilvollen Erzeugnisse deutscher Eisenschmiedekunst erhalten bleiben und vielleicht wieder ihrerseits veredelnd auf unsere heutigen Arbeiten einwirken. Auf den meisten Friedhöfen der Dörfer des Oberamts haben sich solche Todtenkreuze gleichfalls in Menge erhalten (s. darüber die einzelnen Ortsbeschreibungen).

Weitere öffentliche Gebäude sind und zwar im Eigenthum der Gemeinde folgende:

1. Das Rathhaus, ein stattliches dreistockiges Steingebäude, liegt im oberen Theile der Stadt, an der Nordseite der breiten die Stadt von Osten nach Westen durchziehenden Hauptstraße, gerade südlich von der Heiligkreuzkirche und enthält im untern Stockwerk das Lagerhaus, das Spritzen- und Materialienlokal; im zweiten die Kanzlei des Gerichtsnotariats, die Stadtpflege und die Wohnung des Rathsdieners; im dritten den Rathssaal, das Stadtschultheißenamtszimmer, die Rathschreiberei, das Arrestlokal und Partienzimmer. Das Gebäude wurde im Jahre 1521 vollendet, und zwar im spätgothischen Stil, in den sich schon einige Renaissanceformen eingedrängt haben; gegen die Straße heraus hat es zwei spitzbogige Eingänge, die beiden oberen Stockwerke aber zeigen sehr schöne geradgestürzte, von den zierlichsten Rundstäben umfaßte Fenster, je allemal vier Fensterchen, von denen die beiden mittleren höher sind, beisammen. An der Ostseite führt eine Pforte in’s Treppenhaus und darüber erblickt man in ausgesprochenem Renaissancegeschmack zwei Fenster mit Halbkaryatiden, dazwischen groß den (einköpfigen) Stadtadler, weiter oben einen Pelikan, der seine Jungen mit dem eigenen Blut aus der Brust nährt. Das Innere des Rathhauses besitzt sehr sehenswerthe Gelasse, so im zweiten Stock das geräumige Zimmer des Stadtpflegers mit schöner auf achteckiger Säule ruhender gothischer Holzbalkendecke (hier in Rottweil Geschoßbühne genannt), in der nordöstlichen Ecke ein großer steinerner auf einer Säule ruhender Baldachin, von einem Netzgewölbe übersprengt, das mit Rosetten und Wappenschildchen geziert ist. Auch befindet sich hier eine sehr schöne steinerne gothische Thürumrahmung, oben mit Maßwerken und einem großen Stadtadler, und ferner in prächtiger Rococorahme das Ölbild Kaiser Josephs II. (Geschenk des Malers an die Stadt) mit der Unterschrift: Johanes Andoni Wolff pinxit 1782 Rothweilanus. Neben diesem Zimmer liegt eines mit schöner gesprengter Holzbalkendecke. Das dritte Stockwerk enthält den reichgeschmückten Rathhaussaal; seine schöne Kassettendecke ist mit vergoldeten Rosetten besetzt, die Südwand aufgelöst in zwei gothische Stabwerksfenster und einen

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Karl Eduard Paulus: Beschreibung des Oberamts Rottweil. H. Lindemann, Stuttgart 1875, Seite 196. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:OARottweil0196.jpg&oldid=- (Version vom 1.8.2018)