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Faßnachtsbelustigungen (Maskern gehen), bei denen man sich, in die verschiedensten und seltsamsten Kostüme gehüllt, in Schwänken überbietet und namentlich die mit Schellen überhängten sog. Schellennarren tollen Lärm durch die ganze Stadt verführen und nebenbei den Leuten „aufsagen“, d. h. begangene Fehltritte, Thorheiten, die sich Jemand während des verflossenen Jahres zu Schulden kommen ließ, aufdecken und ins Gedächtniß zurückzurufen. Sonst unterhält und belustigt man sich mit Scheibenschießen, Kegelschieben, Tanz bei Hochzeiten und Kirchweihen; bei letzteren, welche 3 Tage dauern, macht man häufig Ausflüge auf die benachbarten Orte. Den Sommer über werden die Biergärten fleißig besucht, wie überhaupt der Rottweiler sich gerne in den Wirthschaften gesellig unterhält. Die Vermögensverhältnisse der Einwohner sind im allgemeinen gut zu nennen und ziemlich viele Kapitalisten, wie auch vermögliche Gewerbsleute, sind vorhanden. Der Grundbesitz des vermöglichsten Einwohners beträgt etwa 50 Morgen, der des sogen. Mittelmanns 25 Morgen und der des sogen. Taglöhners 3–4 Morgen. Unterstützung von Seiten der Gemeinde erhalten gegenwärtig, außer den 120 Hospitaliten, noch viele Hausarme, für die jede Woche gegen 76 fl. verwendet werden.

Die Haupterwerbsquellen bestehen in Gewerben, Feldbau, Viehzucht und Taglohnarbeiten; was die Gewerbe betrifft, so gehört Rottweil, so viele Gewerbetreibende es auch aufzuzählen hat, dennoch nicht zu den gewerbsamen Städten des Landes, indem der Betrieb der meisten Gewerbe nur auf das Bedürfniß der Einwohner, nicht aber auf den Absatz nach außen berechnet ist.

Die bedeutenderen Gewerbeanstalten sind mit Ausnahme der Saline Wilhelmshall (s. hier. unten) folgende: eine Pulvermühle, eine Viertelstunde unterhalb der Stadt am Neckar gelegen; sie wird mit 12 Arbeitern erfolgreich betrieben; eine Reparaturwerkstätte beim Bahnhof, zwei Ziegeleien, zwei Kalkbrennereien, 15 Branntweinbrennereien, eine Leimsiederei und 9 Mühlen, von denen die Vögelesmühle in neuester Zeit zu einer großartigen Kunstmühle umgewandelt wurde; von den Mühlen haben die Liebermann’sche Mühle 3 Mahlgänge, einen Gerbgang, ein Gipspoche, eine Ölmühle und Hanfreibe, die Lumpenmühle 3 Mahlgänge, einen Gerbgang, eine Säge und eine Hanfreibe, die Bruderschaftsmühle 3 Mahlgänge, einen Gerbgang, eine Säge, eine Gipspoche und eine Hanfreibe; an derselben steht die Lohmühle, die Kochlinsmühle mit 3 Mahlgängen, einem Gerbgang, einer Malzschrote, einer Säge und einer Hanfreibe; die Drehersmühle mit den gleichen Einrichtungen wie die letztere, die Spitalmühle ist eine Kunstmühle, und endlich

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Karl Eduard Paulus: Beschreibung des Oberamts Rottweil. H. Lindemann, Stuttgart 1875, Seite 206. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:OARottweil0206.jpg&oldid=- (Version vom 1.8.2018)