Seite:OARottweil0220.jpg

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Altstadt und zwar auf der linken Seite des Neckars eine nicht hohe aber steile Terrasse (Thalabhang) gegen den Neckar, an die sich die großartige, in neuerer Zeit leider beinahe ganz eingeebnete Umwallung anschloß und einen Raum von etwa 115 Morgen umfriedigte. Diese Befestigung umfaßte die jetzigen Fluren „St. Nikolaus, Ruhe Christi, Mittelstadt, auf dem Kälberwasen und hinter dem Wall“ und lief von der Ruhe Christi-Kapelle oben an der Schlucht hinunter, die bei dem Bahnhof in das Neckarthal eingeht bis an Schildeck; hier machte sie eine Ecke und lief oben an dem Thalabhang gegen den Neckar bis nach Altstadt, von dem sie noch den nordwestlichsten Ortstheil einschloß und bis zu einer kleinen Seitenschlucht des Neckarthales hinzog. Hier machte sie wieder eine Ecke und führte südlich der Flur „hinter dem Wall“ oben an der Schlucht fort bis auf die Hochebene, wo sie sich abermals wendete und östlich an der unteren Ziegelhütte vorbeilief bis wieder in die Nähe der noch innerhalb der Umwallung gelegenen Ruhe Christi-Kapelle, wo sie die vierte Wendung oder vielmehr Ecke bildete. Die Figur des durchaus ebenen umfriedigten Raumes nähert sich einem länglichen Viereck.

Der Raum war auf 3 Seiten von Natur fest und nur auf der vierten (westlichen) Seite hängt er mit dem übrigen ebenen und somit leichter zugänglichen Terrain zusammen. Der Wall selbst ist jetzt noch an einer erhaltenen Stelle bei der Ziegelhütte 10′ hoch und war wohl, ehe er sich im Laufe der Zeit verflachte, noch ziemlich höher; auf seinem Rücken mag ursprünglich ein Pallisadenwerk angebracht gewesen sein, an seiner von Natur zugänglichen westlichen Außenseite lief ein Graben hin.

Schon wegen der Großartigkeit dieser Befestigung können wir den Ursprung derselben keiner anderen Periode als der römischen zuschreiben; allein abgesehen hievon sprechen noch weitere Momente entschieden dafür, daß hier das eigentliche ursprüngliche Castrum, die Militärkolonie der Römer bestand. Die von Rottenburg herkommende römische Consularstraße läuft heute noch deutlich erkennbar quer durch den umfriedigten Raum: überdieß durchschneiden denselben noch einige andere Wege, denen man an ihren geraden Richtungen und Strukturen den ursprünglich römischen Charakter noch wohl ansieht. Einer von diesen kommt durch eine Hohlgasse vom Neckarthal herauf und läuft schnurgerade quer durch den nordöstlichen Theil des ehemaligen Castrums bis an die Nordwestseite desselben; von ihm geht rechtwinkelig ein Sträßchen ab bis an die Nordostseite der ehemaligen Umwallung. Auch einige andere Wege, die vermuthlich wenigstens theilweise ihre erste Entstehung den Römern verdanken,

Empfohlene Zitierweise:
Karl Eduard Paulus: Beschreibung des Oberamts Rottweil. H. Lindemann, Stuttgart 1875, Seite 220. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:OARottweil0220.jpg&oldid=- (Version vom 1.8.2018)