Seite:OARottweil0253.jpg

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Landschaft lagen fast alle Dörfer in Schutt und Asche; die Schuldenlast war auf eine enorme Höhe gestiegen und vermehrte sich auch in den nachfolgenden Jahren immer noch mehr, da die Stadt fast ununterbrochen größere oder kleinere Garnisonen aufnehmen und dazu noch schwere Kontributionen und die fast unerschwinglichen Kreisprästanda zu leisten hatte. Am Ende des Kriegs waren von den 4000 steuerbaren Köpfen, welche die Bürger- und Bauerschaft ehemals zählte, nur noch 625 übrig geblieben, die anderen hatten Schwert, Hunger, Seuchen, Elend und Jammer aller Art weggerafft, der größte Theil der Stadtoffizianten mußte „ex defectu salarii pro congrua sustentatione“ sich kümmerlich mit Feldbau nähren, unter den Bürgern selbst war der Wohlstand spurlos verschwunden, viele irrten als Bettler umher, weil ihnen der Krieg Herd und Obdach genommen hatte. An den, den Schweden im Westphälischen Frieden bewilligten 5 Millionen Thalern hatte Rottweil (mit Inbegriff der zimmerischen Güter) 11.315 fl. zu bezahlen und erst im Sommer 1650 zog die kaiserliche Besatzung, welche von der Stadt zu verpflegen war, ab. 1

Kaum hatte sich die Stadt wieder etwas erholt, als die Raubkriege K. Ludwigs XIV. von Frankreich neues Unglück über dieselbe brachten. Sie wurde in den JJ. 1675–1697 durch Truppenmärsche, Schatzungen, Frohnen und besonders durch Winterquartiere so hart mitgenommen, daß sie, schon zuvor erschöpft, sich genöthigt sah, den 29. März 1677 den der Bruderschaft gehörigen halben Flecken Cappel mit allen Zugehörungen, auch 80–90 Mltr. jährlicher Fruchtgefälle und in die 6000 fl. zinsbaren Kapitalien, um 10.000 fl. an Württemberg, den 4. Oktbr. 1689 das Dorf Balgheim um die gleiche Summe an den Junker Jakob Rudolph Streuth von Immendingen, den 13. Dec. 1690 die Schlösser Graneck und Friedeck sammt dem Dorf Nieder-Eschach um 28.000 fl. an den bischöfl. constanzischen Rath und Obervogt zu Bischofszell, Freiherrn Sebastian Ludwig von Beroldingen, zu verkaufen und außerdem noch mehrere Stadtkameralgüter, als Mühlen, Sägen, Bleichen, Höfe, Waldungen, Fischwasser, Waiden u. dgl. um geringes Geld wegzugeben. Am 9. Mai 1675 hielt der kaiserliche Feldmarschall Montecuculi große Heerschau bei Rottweil, zog aber sogleich wieder weiter; am 4. Nov. 1688 wurden Dunningen und Zimmern ob Rottweil von einem französischen Streifcorps geplündert. Rottweil mußte eine von Freiburg aus angesetzte Kontribution von 6777 fl. an die dortige französische Besatzung liefern. In den oben genannten Jahren betrug der Aufwand, den die Stadt für die eigenen Soldaten zu machen hatte, 88.240 fl. 42 kr. 5 hl., der Aufwand,

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Karl Eduard Paulus: Beschreibung des Oberamts Rottweil. H. Lindemann, Stuttgart 1875, Seite 253. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:OARottweil0253.jpg&oldid=- (Version vom 1.8.2018)