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Verhältnisse unter der vortrefflichen Verwaltung des Prioratsverwesers Hermengild Linsenmann von Rottweil sich etwas verbessert zu haben, denn es wurden jetzt das baufällige Klostergebäude und die gleichfalls baufällige Kirche – die letztere allein mit einem Aufwand von über 25.000 fl., wozu freilich die Stadt und Landschaft das Meiste beisteuerte – im J. 1753 neu erbaut. Jedoch brachte dieser Bau das Kloster auch in neue Noth, die bis zu seiner Säkularisation fortdauerte. Die letztere erfolgte durch die am 29. Dec. 1802 dem Magistrate der Stadt geschehene Eröffnung, daß das Kloster gänzlich aufgehoben, Chor und Kirche geschlossen und die Konventualen bis auf weitere Verordnung zu den Kapuzinern einzustoßen seien. Die Dominikaner hatten sich übrigens allhier sowohl durch sittliches Betragen, als auch durch gelehrte Kenntnisse und Liebe für die Wissenschaften und Schulen rühmlich ausgezeichnet (vrgl. unten). – Das Kloster ist heutzutage das deutsche Schulgebäude, seine Kirche[1] die evangelische Kirche. 1

Das Kapuzinerkloster verdankt seine Entstehung dem Umstande, daß im J. 1623 auf einmüthigen Beschluß der durch die Predigt eines Kapuziners begeisterten Bürgerschaft der Magistrat das zu Baden in der Schweiz versammelte Kapitel des Kapuzinerordens um etliche Ordensmitglieder bat, welche auch zu kommen nicht säumten, gut aufgenommen und reichlich beschenkt wurden. Insbesondere aber vergabte ihnen der Stadtpfarrer Jakob Khuon einen Garten vor dem Hochbruckthor als Bauplatz, woselbst im J. 1627 der Bau des Klosters begann,


  1. Auf dem Rosenkranzaltar der Klosterkirche stand ein sehr berühmtes Marienbild, welches durch angebliche Heilung von schweren Krankheiten großes Aufsehen erregte und dem Kloster viele Opferspenden eintrug; es befindet sich jetzt in der Stadtpfarrkirche. Bei der Belagerung der Stadt durch das französisch-weimaranische Heer entfärbte sich die h. Jungfrau nach der Sage auf einmal in der Nacht vom 10.–11. Nov. 1643, während viele Leute in der Kirche waren, Gott um Rettung für die Stadt anzuflehen, und wandte die Augen schmerzlich bald zum Himmel, bald auf das Jesuskind auf ihrem Arme und behielt dieses betrübte Antlitz, bis sie am 25. Nov., an welchem Tage der Feind bei Tuttlingen geschlagen wurde, plötzlich ein freundliches Antlitz zeigte. Im März 1644 schickte der Constanzer Bischof eine Commission zur Untersuchung der Sache nach Rottweil, und nachdem 42 Zeugen geistlichen und weltlichen Standes betheuert hatten, das Wunder gesehen zu haben, ward vom Magistrate der Beschluß gefaßt, allemal nach Verfluß eines Jahrhunderts ein Jubel- und Dankfest zum Andenken an das Wunder zu veranstalten. Aus Anlaß der Feier des J. 1743 wurde von Pabst Benedikt XIV. den 20. Sept. 1743 für die achttägige Marianische Feier vom 10. Nov. an ein vollkommener Ablaß bewilligt (Ruckgaber 2a, 232. 2b, 284–286, vrgl. Gumpenberger, Atlas Marianus Monachi 1672 p. 451).
Empfohlene Zitierweise:
Karl Eduard Paulus: Beschreibung des Oberamts Rottweil. H. Lindemann, Stuttgart 1875, Seite 281. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:OARottweil0281.jpg&oldid=- (Version vom 1.8.2018)