Seite:OARottweil0291.jpg

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auch von zweien derselben „mit trockenen Streichen“ ohne Verletzung des Leibes gebläut worden war. Als nun aber der Rath weiter durch Leute aus Rath und Gemeinde Haus für Haus eine Nachforschung nach verbotenen evangelischen Schriften anstellen und Widersetzlichkeit gegen die Confiscation wieder mit Gefängniß, Halseisen und Auspeitschung bestrafen ließ, stellten die Evangelischen eine freundliche christliche Supplikation an denselben, in der sie um Aufhebung der Maßregeln und gütliche Bewilligung der Predigt göttlichen Wortes für sie und die ganze Gemeinde baten, und die sie durch eine Deputation einreichten. Allein statt der Antwort bestellte der Rath die altgläubige Landschaft heimlich auf etliche Tage in Wehr und Harnisch in die Stadt, und da evangelischer Seits ein Schlag gegen die Deputation gefürchtet, auch eine friedlichere Bemühung ohne Erfolg geblieben war, trat die Deputation mit einem großen Haufen Bürger vor den Rath und verlangte offene Antwort. Auf dieses herausfordernde Gebahren verurtheilte der Rath die Deputation zu 100 fl. Strafe, ließ die Rathsthüren zusperren, sowie Aufruhr durch die Stadt verkündigen und Knechte, Landschaft und Anhang in Wehr und Harnisch zum Streit hervortreten. Die Evangelischen trugen zwar jetzt auch die Waffen in ihren Häusern zusammen, sammelten sich an einem günstigen Vertheidigungspunkte, drohende Äußerungen sollen von ihnen gefallen sein, auf drei Rathsherrn wurde ein Angriff gemacht, allein ehe es zum Losschlagen kam, vermittelten Bürger und Fremde, Adel und Eidgenossen, in der Weise, daß die Evangelischen die Geldstrafe zugestanden und baar erlegten, dafür aber Rath und Gemeinde samt Landschaft und Hintersaßen versprach, des Handels einander im Argen nimmer zu gedenken, in Frieden und Ruhe neben einander zu leben. Darauf wurden von Rath und Gemeinde 2 Eide in einer Stunde auf dem Markt und in der Kirche geschworen. Allein noch im Juli 1529 brach der Rath diesen Vertrag wieder, indem er die zugesagte freie Religionsübung nicht gewährte, die Evangelischen unbillig drückte, solche die in Ämtern standen, wie insbesondere den noch übrigen evangelischen Diakon, von ihren Posten entfernte. Da rotteten sich die Evangelischen wieder zusammen und besetzten die Hochbrücker Vorstadt. Allein in der ersten Woche des August ließ der Rath die Häuser derselben mit Wachen, Landvolk, Stadtpöbel umstellen, Viele ins Gefängniß legen, schwer und peinlich foltern, Manche an Geld strafen, legte schwere Verschreibungen auf, verwies mit Weib und Kind aus der Stadt. Dazu kam auch noch, daß die oberösterreichische Regierung zu Innsbruck den 6. und K. Ferdinand den 8. Aug. von Linz aus die Stadt ernstlich ermahnte, beim alten Glauben zu bleiben, und

Empfohlene Zitierweise:
Karl Eduard Paulus: Beschreibung des Oberamts Rottweil. H. Lindemann, Stuttgart 1875, Seite 291. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:OARottweil0291.jpg&oldid=- (Version vom 1.8.2018)