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Gößlingen,
mit Jungholz,
Gemeinde III. Kl. mit 317 Einwohnern, worunter 6 Evangelische. – Kath. Pfarrei; die Evangelischen sind nach Täbingen eingepfarrt. 21/2 Stunden nordöstlich von der Oberamtsstadt gelegen.

Der nicht große, minder ansehnliche Ort, mit seinen meist kleinen, theils verblendeten, theils geriegelten, ziegelbedachten Häusern, ist unregelmäßig an den steilen, südlich geneigten Abhang des Schwarzenbach-Thales hingebaut. Die bisher in schlechtem Zustande befindliche Hauptstraße des Orts wird gegenwärtig wesentlich verbessert, dennoch wird der Verkehr in dem bergigen Ort ein beschwerlicher bleiben. Am südlichen Ende des Orts führt die Vicinalstraße von Täbingen nach Rottweil vorüber und von ihr geht noch auf der Ortsmarkung die Vicinalstraße nach Zimmern u. d. B. ab.

An der Westseite des Dorfes erhebt sich, über demselben wie eine Burg thronend, die von dem hoch ummauerten Friedhof umschlossene, dem h. Petrus und Paulus geweihte Kirche; neben ihr eine ehrwürdige Linde. Viele Staffeln führen vom Ort aus empor zum alten engen gothischen Pförtchen, das in gerad gestürzter Kleeblattform in der Kirchhofmauer sich öffnet. Die Kirche selbst, mit dem massenhaften Thurm gegen Osten, stammt aus romanischer Zeit, vielleicht noch aus dem elften Jahrhundert, und wurde im Jahre 1518 sorgfältig erneuert. An der Südseite des Schiffes erhielt sich in der Höhe eines der ursprünglichen Rundbogenfensterchen, der rundbogige Eingang ist vermauert. Schiff und Thurm haben außerdem einige hübsch gefüllte spätgothische Spitzbogenfenster aus der Zeit der Erneuerung. Das im Jahre 1859 neu bemalte, sehr ansprechende Innere enthält einige hervorragende Werke der Kunst. Das Schiff ist flachgedeckt, das den Chor bildende unterste Geschoß des Thurmes dagegen von einem prächtigen spätgothischen Sterngewölbe überspannt; in der Mitte zeigt es auf einem großen Schlußsteine das reizende Bild der Maria mit dem Kinde, und um denselben auf kleineren Schlußsteinen die vier Evangelistensymbole. Ferner liest man am Gewölbe auf Schildchen die Jahreszahl der Gothisirung des Thurmes, 1518, sowie seiner Neubemalung, 1859, durch F. J. Sayer, Maler in Rottweil. Der spitze Triumphbogen ist in demselben spätgothischen Stil gehalten, wie seine oben sich kreuzenden Rundstäbe beweisen; dann aber erhebt sich, auch aus der Spätzeit der Gothik, in der Nordostecke des Thurms das herrliche, etwa 24 Fuß hohe steinerne Sakramenthaus, mit blumigen Giebeln und

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Karl Eduard Paulus: Beschreibung des Oberamts Rottweil. H. Lindemann, Stuttgart 1875, Seite 414. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:OARottweil0414.jpg&oldid=- (Version vom 1.8.2018)