Seite:OARottweil0511.jpg

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Die im allgemeinen geordneten, sehr betriebsamen Einwohner, ein kräftiger wohlgestalteter Menschenschlag, erreichen nicht selten ein hohes Alter und gegenwärtig sind 16 Personen (12 Männer und 4 Weiber) über 80 Jahre alt, der älteste und noch ziemlich rüstige Mann hat sogar bereits das neunzigste Jahr überschritten. Die Vermögensumstände und Mittel des Auskommens sind in Vergleichung mit anderen Orten gut beschaffen und der Grundbesitz des vermöglichsten Ortsbürgers beträgt an Feldern 83 Morgen, der des sog. Mittelmanns 25 Morgen und der der ärmeren Klasse 3 Morgen. Auf angrenzenden Markungen besitzen die Einwohner etwa 1100 Morgen eigene – und etwa 500 Morgen Pachtgüter. Die Hauptnahrungsquellen sind Feldbau, Viehzucht und Gewerbe; von den letzteren sind die Uhrmacher und Schuhmacher am stärksten vertreten. Gegen 80 Schuhmachermeister besuchen mit ihren Waren alle Märkte der Umgegend und theilweise entferntere Messen. Die württembergische Uhrenfabrik verfertigt Nachtwächter-Kontroluhren, Eisenbahn-Kontroluhren, Schiffs- und Telegraphenuhren. Überdieß bestehen noch 6 Schwarzwälderuhrenfabriken; die Fabriken zusammen beschäftigen etwa 100 Arbeiter im Ort und nebenbei noch ebenso viele sog. Stuckarbeiter in der Umgegend. Außer den Fabriken sind noch etwa 100 Uhrmachermeister mit je 1–4 Gesellen im Ort. Auch befinden sich hier viele Uhrenhändler, die weithin, Uhren verkaufen, und beinahe in ganz Europa kann man den großgewachsenen kräftigen Schwenningern mit ihren Schwarzwälder-Uhren auf dem Rücken begegnen. Der Uhrenhandel wird hauptsächlich nach Bayern, Österreich, Ungarn, Böhmen, Preußen, Rußland, Italien, Holland und nach der Schweiz getrieben. Die Nachtwächter-Kontroluhren, Eisenbahn- und Schiffsuhren aber werden in ganz Europa und Nordamerika abgesetzt. Außer der großartigen Uhrenfabrikation besteht noch eine Zündhölzchenfabrik, die viele Personen, namentlich Kinder, beschäftigt und ihr Geschäft mit namhaftem Verkauf nach außen im Großen treibt. Ferner bestehen 3 Ortsmühlen mit je 2 Mahlgängen, einem Gerbgang und einer Hanfreibe (s. hier. unten). Überdieß sind alle nöthigen Handwerker genügend vertreten, von denen die Sattler, Schneider, Schlosser, Flaschner, Messerschmiede, Schreiner, Uhrenschilddreher, Uhrenschildmaler und Uhrengestellmacher auch nach außen arbeiten. Schildwirthschaften sind 13, Brauereien 3, Kaufläden 10 und ebensoviel Kramläden vorhanden. Die Linnen- und Wollspinnerei wird zum eigenen Bedarf und auch zum Verkauf, jedoch in nicht großer Ausdehnung getrieben. Als Nebengewerbe treibt man Strohflechten, Korbflechten und Besenbinden, der Absatz geht theilweise in die Umgegend. Im Ort wohnt ein Frachtfuhrmann,

Empfohlene Zitierweise:
Karl Eduard Paulus: Beschreibung des Oberamts Rottweil. H. Lindemann, Stuttgart 1875, Seite 511. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:OARottweil0511.jpg&oldid=- (Version vom 1.8.2018)