Seite:OASpaichingen0110.jpg

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die vielgefältelten Schürzen von schwarzglänzendem Baumwollzeug; letztere werden mit den unteren Enden gegen hinten zusammengeknüpft. Die Strümpfe sind von rother Wolle und die Schuhe weit ausgeschnitten. Diese kleidsame Tracht der Baar ist in Aldingen nicht allein bei den Erwachsenen, sondern sogar bei den Kindern ganz allgemein.




[s 1]Die Mundart von Spaichingen[1] gehört der oberen Gruppe des Schwäbischen an, die durch gsîn statt gwëə bezeichnet ist, und die man die alemannisirende nennen könnte, wiefern man unter alemannisch soviel als schweizerisch mit südschwarzwäldisch und elsäßisch versteht. Sie hat die größte Ähnlichkeit mit der von Lauchert (Programm des Rottweiler Gymnasiums von 1855) und in früherer Gestalt von Birlinger („Sprache des Rottweiler Stadtrechts“ in den Sitzungsberichten der K. bayer. Akad. zu München 1865 Bd. II.) beschriebenen Mundart von Rottweil[2]. Vielleicht weist sie etwas mehr zum Alb- und Seeschwäbischen hin, die Rottweiler mehr zum Schwarzwäldischen; jedenfalls aber ist der Einfluß der stark alemannischen Baar in Spaichingen größer, als in Rottweil.

Die wichtigste Folge jener Mittelstellung zwischen schwäbisch und alemannisch ist der allgemeine Vokalreichthum. Wir können in Spaichingen ohne Zwang gegen 40 einfache und Doppelvocale zählen. Denn es sind auf der einen Seite die alten Vocalkürzen, verschiedene alte Diphthonge, sowie das ö und ü erhalten, welche das Gemeinschwäbische so gut als ganz verloren hat, auf der andern die nasalen und die durch Vor- oder Nachschlag des abgestumpften Allgemeinvocals ə (Mittellaut zwischen a und e) entstandenen Diphthonge vorhanden.

a (gabəl) e (esəl) i (birə) o (losə) u (schdubə) â (schârpf) å̂ Mittellaut zwischen a und o (må̂lə, pingere) ê sêr wund î (langwîd) ô (môr Mutterschwein) û (bûr) ä (fädəmle) ä̂ (rä̂sz) ö (bök) ü (übəl) äi (angläid angelegt, angezogen) ae


  1. Von Pfarrer Hartmann in Hausen ob Verena.
  2. Unsere Darstellung schließt sich an diese beiden Abhandlungen an und will damit auch der Rottweiler Mundart einigermaßen gerecht werden, indeß die der Baar mit dem Wortschatz der ganzen Gegend für Tuttlingen aufgespart bleibt.

Anmerkungen Wikisource

  1. Im Abschnitt Mundart wurde entgegen den Editionsrichtlinien auf eine Auszeichnung der Antiquaschrift der Vorlage mit dicktengleicher Schrift verzichtet und stattdessen die Antiqua, im Interesse der Lesbarkeit, etwas vergrößert dargestellt. In der Vorlage kommen einige sehr spezielle Zeichen vor, deren Darstellbarkeit, insbesondere durch ältere Browser, zweifelhaft ist:
    ä̂ = Zirkumflex über ä.
    å̂ = Zirkumflex über å.
    ö̂ = Zirkumflex über ö.
    ü̂ = Zirkumflex über ü.
Empfohlene Zitierweise:
Karl Eduard Paulus: Beschreibung des Oberamts Spaichingen. H. Lindemann, Stuttgart 1876, Seite 110. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:OASpaichingen0110.jpg&oldid=- (Version vom 1.8.2018)