Seite:OASpaichingen0111.jpg

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(klae) ao (frao) ân[1] (ânbausz) ëə oder ëa (gëəl) ên (ênne) eni (zweni) în (nn) ôn (ônne) ün (ünsərə) äün (schäün) (liəcht) oa (Schboachingə) ona (schdona) uo (muodər) au (braud) əu (həus) äü (läüble) əi (holzbəig) əü (əüb) üə (wüədə) əun (gəund.) Dieses wären 37, mit ə 38 Vocale.

Gehen wir auf den Ursprung resp. den Erhaltungszustand einiger dieser Laute etwas näher ein.

Mit Recht bezeichnet Lauchert die Erhaltung der alten Vocalkürze als einen wichtigen Vorzug unserer Mundart; sie trägt zur Mannigfaltigkeit, Deutlichkeit und Kraft bei. Übrigens ist sie in einsilbigen Wörtern geschwunden: gîb, aber gimər, gibəm, welche Zusammensetzungen offenbar durch die Liebe zur Vocalkürze (gimər sogar gemeinschwäbisch) befördert werden; hâs, hasə etc. – Alt â ist wie gemeinschwäb. zu å̂ geworden: gå̂bə, zur Hochzeit schenken, kå̂t; vor m zu ôn: n. Das hohe e ist der alte Umlaut von a. Der Widerstand gegen den Umlaut überhaupt, den das Stadtrecht noch stärker zeigt, namentlich auch bei u, ist schwach geworden; ein Rest davon noch in dunkt. Umgekehrt blüət = blutet, brüədər = Bruder. Dagegen ist die Vorliebe für jenes e (mit Anklang an ö, wie das Stadtrecht schreibt,) geblieben, auch wo das Hochdeutsche oder Gemeinschwäbische ë oder ä dafür spricht: eschə (Baum) frezə (abweiden) lêrər, dreschə, sêl. – i, î und u samt ü hat sich, auch vor m und n, noch ordentlich erhalten. Wir hören: nn find, mein Feind, dinnə, ume, büne, ünsərə (durch Umlaut entstanden) daher wir auch die kurzen Nasale en (enm) und on (onme) nicht unter den hiesigen Vocalen zählen. – Das ursprünglich aus i entstandene tiefe ë ist wie allgemein im Schwäbischen zu ëə geworden. Daß, wie Lauchert sagt, ursprünglich die Liquida hieran schuld ist, wird dadurch bestätigt, daß man lëadər, bëarg, gëal, andererseits aber noch sëgəs (mittelhochd. sëgens) dafür schreiben könnte. – Vəil aus neuhochd. viel hat Rottweil, Spaichingen nicht. – ü noch überall: übəl, ü̂ ebenso: bü̂l Hügel. – û ist nur theilweise noch erhalten: bûr, nå̂bûr, sûr, erweitert in həus; in duszə, draußen, merkwürdigerweise aus mittelhochd. dûze verkürzt, wie nicht minder in pflumə, duməfingər (mit Neigung zur Betonung des Genusworts). Der Umlaut von əu ist əü, reiner


  1. Mit dem kleinen n rechts über dem Vocal bezeichnen wir den Nasalismus.
Empfohlene Zitierweise:
Karl Eduard Paulus: Beschreibung des Oberamts Spaichingen. H. Lindemann, Stuttgart 1876, Seite 111. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:OASpaichingen0111.jpg&oldid=- (Version vom 1.8.2018)