Seite:OASpaichingen0383.jpg

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die Jahreszahl 1480 steht. Im Westen erhielt sich noch der spitzbogige Eingang, die meisten Fenster sind verändert, dagegen hat der südlich am Chor stehende, in zwei Staffelgiebeln ausgehende Thurm noch seine mit spätgothischen Maßwerken gefüllten Schallfenster. Im Innern der Kirche sind die Decken flach, die Altäre in später Renaissance; auf dem südlichen Seitenaltar, auf dem Christus am Kreuz, Maria und Johannes stehen, liegt am Kreuzesstamm eine alte Schnitzerei – das Haupt Johannis des Täufers. Im Chor sieht man ein tüchtiges gothisches Sakramenthäuschen. Von den zwei Glocken auf dem Thurm hat die größere die Umschrift: A fulgure et tempestate libera nos domine iesu christe. 1724. Die kleinere Glocke ist sehr alt und zeigt in gothischen Majuskeln: Sanctus Lucas. Matheus. Marcus. S. Johannes. O Rex G. Den Westgiebel der Kirche, deren Unterhaltung auf der Stiftungspflege ruht, ziert ein schönes Schmiedeisenkreuz und am Eingang zum Friedhof steht eine herrliche Linde.

Das 1864/65 in modernem Stil erbaute, sehr ansehnliche, dreistockige Schulhaus enthält 4 Lehrzimmer und die Wohnungen der an der Schule angestellten zwei Schulmeister und des Lehrgehilfen. Das Rathhaus wurde 1829 erbaut, es steht an der Hauptstraße und befindet sich in gutem Zustande. Überdieß bestehen noch zu öffentlichen Zwecken 8 Waschhäuser und ein Backhaus.

Mit gutem Trinkwasser, das 13 laufende und 3 Schöpfbrunnen liefern, ist der Ort reichlich versehen, ferner fließt die Beera durch den Ort und nimmt daselbst den Mühlbach (Deilingerbach) auf; außer diesen fließen noch der Stebbach und der Harrasbach durch den östlichen Theil der Markung. Von den vielen auf der Markung vorkommenden Quellen ist die im Harrasthale die bedeutendste. Sechs steinerne Brücken führen über die Beera und 6 hölzerne über diese und den Harrasbach.

Die körperlich kräftigen und wohlgebauten Einwohner, von denen gegenwärtig 7 über 80 Jahre zählen, sind sehr fleißige und geordnete Leute, deren Erwerbsquellen in Feldbau, Viehzucht und hauptsächlich in Gewerben bestehen; von den letzteren suchen viele Maurer, Zimmerleute und Steinhauer den Sommer über im Ausland Arbeit und sichern sich hiedurch einen guten Verdienst. Außer diesen sind im Ort alle nöthigen Handwerke vertreten; dann 4 Kaufläden, 7 Kramläden, 4 Schildwirthschaften, worunter 3 mit Bierbrauereien, 3 Mühlen mit je 2 Mahlgängen und einem Gerbgang, auch gehören dazu eine

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Karl Eduard Paulus: Beschreibung des Oberamts Spaichingen. H. Lindemann, Stuttgart 1876, Seite 383. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:OASpaichingen0383.jpg&oldid=- (Version vom 1.8.2018)