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b. Neben-Gewerbe.

Die bedeutendste Nebenbeschäftigung ist die Hanf-, hauptsächlich aber die Flachsspinnerei, welche an der Hand und am Rade in der Regel auf Bestellung und um den Lohn von dem erwachsenen weiblichen Geschlechte, in den meisten armen Familien nicht blos den Winter, sondern das ganze Jahr über, wenn die Feldgeschäfte ruhen, und es an der Möglichkeit oder Gelegenheit zu anderer Beschäftigung fehlt, betrieben wird, und, so gering auch im Einzelnen der Verdienst ist, einen sehr in Anschlag zu bringenden, durch die Einführung der Maschinenspinnerei noch nicht geschmälerten Erwerbszweig bildet. Die Strickerei auf den Verkauf ist nur in einzelnen Industrieschulen von einiger Bedeutung.

Das Sammeln von Samen in den Waldungen und von Arznei-Pflanzen verschafft manchen armen Personen den Sommer über ihr Auskommen.

Ein sehr bedeutender Erwerb für die Männer aber ist in vielen Gemeinden das Holzmachen in den Staats- und Gemeinde-Waldungen, das Brechen und Beiführen von Bau-, Pflaster- und Straßensteinen und der Taglohns-Verdienst, theils durch Wald- und Straßen-Arbeiten, theils in der nahe gelegenen Residenz Stuttgart, welche vielfache Gelegenheit zu lohnendem Arbeits-Verdienste bietet.

c. Handel.

Handels-Verkehr im weiteren Sinne des Worts ist dem Oberamtsbezirk nicht eigen.

Was von den Naturprodukten zunächst das Holz betrifft, so ist des Kleinholzhandels, dem einzelne Orte ergeben sind, nur als eines Mißbrauchs zu erwähnen, der abgestellt zu werden verdient. Wenn übrigens auch die Gemeinde- und Staats-Waldungen zusammen den Holzbedarf des Bezirks decken, so ist doch die Ausgabe für das Erforderniß an Brennmaterial eine der bedeutendsten und empfindlichsten für seine Bewohner. Dagegen findet, abgesehen von den Erzeugnissen, welche das landwirthschaftliche Institut in Hohenheim und die exotische Baumschule daselbst verwerthen, ein nicht unbeträchtlicher Activhandel mit vielen anderen Naturprodukten und auch mit einzelnen Fabrikaten statt. Neben dem großen, tagtäglichen Milchabsatz nach Stuttgart und neben dem Geflügel, Butter, Eier und anderen Erfordernissen der Küche, die an den Markttagen dahin gebracht werden, sind der Wein, der hauptsächlich von den Oberländern gekauft wird, die Erzeugnisse des Brachfelds an Kartoffeln, Kraut, Flachs und Hanf, sowie seltener Heu und Stroh, hauptsächlich aber Obst und Obstmost, und dann Korn, Gerste und Hafer, zum Theil sehr belangreiche Ausfuhr-Artikel.

Empfohlene Zitierweise:
Eduard Paulus: Beschreibung des Oberamts Stuttgart, Amt. J. B. Müller's Verlagsbuchhandlung, Stuttgart 1851, Seite 076. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:OAStuttgartAmt_076.png&oldid=- (Version vom 1.8.2018)