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Kirchenvermögen ausgesetzt, was auch andere Geber zur Nachahmung aufmunterte.[1] Das Innere der Kirche ist freundlich und hell; der herrschaftliche Stand in derselben wurde für die Gemahlin des Herzogs Karl, Franziska (evang. Conf.), welche von Hohenheim hieher in die Kirche wandelte, eingerichtet. Das Pfarrhaus wurde in den Jahren 1781 und 1782 an die Kirche angebaut. Der 3/8 Morgen große Begräbnißplatz ist immer noch zunächst der Kirche und theils mit einer Mauer, theils mit einem Zaun umgeben. Die Baulast für Kirche und Pfarrhaus und die Verpflichtung zur Erhaltung des Gottesackers hat die Stiftungspflege; bei ersterer muß die Gemeinde mit Fuhr- und Handfrohnen helfen.

Schon vor 1782 hatte Birkach eine Schule auf dem Rathhaus und einen eigenen Schulmeister; durch die Mildthätigteit des Herzogs Karl wurde sowohl die Schule als der Gehalt des Schulmeisters verbessert. Im Jahr 1826 ist ein neues Rath- und Schulhaus unter einem Dache erbaut worden; die Schule zu ebener Erde besteht aus zwei Abtheilungen, der des Schulmeisters und des Lehrgehilfen. Seit 1834 besteht eine Industrieschule. Im Jahr 1840 wurde ein Gemeindebackhaus, im Jahr 1847 ein Gemeindedörrhaus erbaut. Der erste Pfarrer von Birkach, Friedrich Wilhelm Kohler, errichtete schon 1794 eine Industrie- und Spinnanstalt[2] (wohl die erste im Lande), welche unter dem Gründer einen erfreulichen Fortgang hatte, aber später wieder einging, worauf ihr Vermögen, in 628 fl. 49 kr. bestehend, zum Fonds der Stiftungspflege geschlagen wurde. Im Jahr 1834 wurde eine neue Industrieschule, deren Local in der Ortsschule ist, durch die Bemühungen des Pfarrers Romig († 1847) in’s Leben gerufen.

Die Einwohner sind im Allgemeinen unbemittelt und können sich aus ihren Hauptnahrungsquellen, Feldbau und Viehzucht, allein nicht ernähren, was seinen Grund in der früheren raschen Vermehrung der Bevölkerung während des Baues von Hohenheim und in dem Umstande hat, daß der Herzog zu Vergrößerung seines Schloßgutes der Gemeinde 50 Morgen Feld abkaufte und von der Markung abtrennte. Die Ortsbewohner sind daher genöthigt, durch Taglohnen und Gewerbe ihr Auskommen zu sichern, wozu die nahe gelegenen Anstalten in (Groß- und Klein-) Hohenheim eine günstige Gelegenheit darbieten. Die Summe der versicherten Passivcapitalien der Gemeindeangehörigen beträgt über 96.000 fl., der Grundbesitz der 4 höchsten Güterbesitzer bewegt sich zwischen 11–17


  1. S. (Fried. Wilh. Kohler, erster Pfarrer von Birkach) dankbarer Nachruhm der evang. Gemeinde zu Birkach bei Hohenheim zu Ehren ihres nun in Gott ruhenden Herzogs, Kirchenstifters und Wohlthäters. Stuttgart, 1794. 8. S. 16, 30, 31.
  2. Spinnanstalt zu Birkach zum Besten armer Kinder. Stuttgart 1795. 8. (gleichfalls von Kohler).
Empfohlene Zitierweise:
Eduard Paulus: Beschreibung des Oberamts Stuttgart, Amt. J. B. Müller's Verlagsbuchhandlung, Stuttgart 1851, Seite 119. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:OAStuttgartAmt_119.png&oldid=- (Version vom 1.8.2018)