Seite:OAStuttgartAmt 128.png

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viel abgewonnen werden kann, als zum Unterhalt der Gemeindeglieder nöthig ist. Viele sind daher veranlaßt, durch Nebenerwerbszweige, von denen manche der Sittlichkeit entschieden nachtheilig, für den Wohlstand aber nur von zweifelhaftem Vortheil sind, ihr Auskommen zu suchen. Zu diesem kommt noch, daß die Gemeinde, welche kein hinreichendes Vermögen besitzt, um die Armen zu unterstützen, diese häufig ihrem Schicksale überläßt; es ziehen aber auch Manche, welche arbeiten könnten, auf den Bettel aus oder fallen durch Waldexcesse der Nachbarschaft beschwerlich. Übrigens ist die Gemüthsart der Einwohner im Durchschnitt freundlich, friedfertig und gefällig; 80 Personen, übrigens mehr Weiber als Männer, halten zu dem religiösen Vereine der sogenannten christlichen Gemeinschaft. Die Summe der auf den Einwohnern ruhenden Passivcapitalien beträgt 136.000 fl., und der Grundbesitz der 6 größten Güterbesitzer bewegt sich zwischen 24–46 Morgen. Durch den östlichen Theil der Markung zieht die Hauptstraße von Stuttgart nach Reutlingen, zu der vom Ort 3 Nebenstraßen führen, von denen die nordöstliche gegen Bernhausen und die östliche gegen Harthausen und Grötzingen vollständig, die südliche nach Aich theilweise chaussirt ist. Eine ebenfalls chaussirte Straße führt nach Plattenhardt; durch weitere Wege steht der Ort in Verbindung mit Echterdingen und mit Neuhausen, von welchen jedoch nur der letztere und auch dieser nur theilweise chaussirt ist. Der Feldbau bildet die Hauptnahrungsquelle der Einwohner. Die Güter der Markung liegen theils ziemlich eben, theils an den sanften Abhängen des Bombachthals und haben einen nicht tief gehenden, meist aus Lehm und Kalkerde bestehenden kalten Boden, dessen Unterlage steinig und thonig ist, daher er bei anhaltendem Regenwetter bald zu naß, bei eintretender Hitze aber schnell trocken wird. Außer dem Obst, das hier sehr gut gedeiht, ist der Ertrag der Felder, mit geringer Ausnahme, mittelmäßig und die Ernte gegen die übrigen Filderorte um 8–10 Tage später. Im üblichen Dreifeldersystem baut man die gewöhnlichen Halmfrüchte und in der Brache Kartoffeln, Kraut, Angersen, Rüben, Futterkräuter, Flachs und Hanf. Die Ackerpreise bewegen sich von 125–400 fl. pr. Morgen. Die meist zweimädigen Wiesen geben gutes und nahrhaftes Futter; der geringste Preis eines Morgens ist 100, der höchste 600 fl. Der Weinbau ist nicht ausgedehnt und wird nur auf ungefähr 36 Morgen am Uhlberg, früher Rottenberg, betrieben.[1] Die ganz südliche Lage und der rothe Mergelboden eignen sich vorzüglich für die Weinkultur; es werden meist Silvaner, weniger Elbener, Gutedel und Welsche gezogen, die einen


  1. Die 36 Morgen Weinberge am Uhlberg wurden 1832 von der Markung Neuenhaus, Oberamts Nürtingen, gegen Entschädigung zu der Markung Bonlanden gezogen.
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Eduard Paulus: Beschreibung des Oberamts Stuttgart, Amt. J. B. Müller's Verlagsbuchhandlung, Stuttgart 1851, Seite 128. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:OAStuttgartAmt_128.png&oldid=- (Version vom 1.8.2018)