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Namen an die Glocke schreiben. Die Stiftungspflege hatte die Bestimmung einer Kirchen- und Schulpflege, und bekam seit 1837 die einer Kirchen- und Armenpflege: ihr Vermögen betrug im Jahr 1848 1404 fl. Der ummauerte Begräbnißplatz, der 1821 wegen Mangel an Raum um 1/4 Morgen vergrößert werden mußte, stößt südlich an die Kirche. Das wohleingerichtete Pfarrhaus, welches der Staat zu unterhalten hat, wurde in den Jahren 1801–2 neu und dauerhaft an der Stelle des früheren, ziemlich in der Mitte des Orts, erbaut. Unfern der Kirche liegt das geräumige und wohnliche Schulhaus, die Schulzimmer und Lehrerwohnung enthaltend. Dasselbe wurde 1823 mit einem Aufwand aus der Gemeindekasse von 5740 fl. erbaut und 1846 mit einem weiteren Anbau versehen. An der Schule unterrichten ein Schulmeister, ein Unterlehrer und ein Lehrgehülfe. Seit 1802 besteht hier eine Mädchen-Industrieschule, und seit 1849 eine Kleinkinderschule. Das 1845 renovirte Rathhaus ist in ganz gutem Zustande; es enthält im Erdgeschoß die Kelter, in der 1846 eine Presse mit eisernen Spindeln und verbessertem Mechanismus aufgestellt wurde. In den Fenstern der Gerichtsstube befinden sich 4 ziemlich gute Glasgemälde von 1654 und 1671. Seit 1838 hat Degerloch ein Gemeinde-Backhaus, welches übrigens verpachtet ist.

Die Einwohner sind im Allgemeinen aufgeweckt, verständig, für Verbesserungen empfänglich, äußerst fleißig und zeichnen sich insbesondere durch Geschick und Thätigkeit in Straßenbauten aus, die sie mit Erfolg auch in entfernten Gegenden unternehmen, und welchen Manche ihren Wohlstand verdanken. Schon im Jahr 1766–1771 wurden hiesige Einwohner zur Ausführung von Straßenbauten nach Sachsen berufen. Der Gesundheitszustand ist gut; epidemische Krankheiten sind selten und wenn sie je vorkommen, so dauern sie nicht so lange an, wie in den Nachbarorten. Merkwürdig ist die ungemein große Sterblichkeit bei den Kindern in den ersten 2 Jahren, von denen in der Regel über 1/3 stirbt. Diese Hinfälligkeit ist um so auffallender, da die Kinder gesund zur Welt kommen und in der Pflege nicht vernachlässigt werden.

Was die Vermögensumstände und die Mittel des Auskommens der Ortsangehörigen betrifft, so sind diese (wenn gleich die Summe der versicherten Passivcapitalien 126.000 fl. beträgt) im Durchschnitt befriedigend, da der Verkehr an der Landstraße sehr lebhaft ist, auch die weniger Bemittelten in den Gärten und Weinbergen der nahe gelegenen Hauptstadt guten Verdienst finden. Die Hauptnahrungsquellen bilden Ackerbau, Obst- und Weinbau und da die eigene Markung zu klein ist, dehnen die Degerlocher ihr Besitzthum auf die Markungen der benachbarten Gemeinden, namentlich Stuttgart, Möhringen und Plieningen, seltener Birkach aus. Sie besitzen gegenwärtig auf der Markung von Stuttgart 183 Morgen Weinberge, an

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Eduard Paulus: Beschreibung des Oberamts Stuttgart, Amt. J. B. Müller's Verlagsbuchhandlung, Stuttgart 1851, Seite 139. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:OAStuttgartAmt_139.png&oldid=- (Version vom 1.8.2018)