Seite:OAStuttgartAmt 160.png

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Indessen sind die Einwohner doch größerntheils körperlich unansehnlich, nicht selten mit Kröpfen behaftet und stehen, überdieß durch harte Arbeit und Entbehrung niedergedrückt, auch in geistiger Beziehung und an kirchlichem Sinn gegen ihre Nachbarn, zurück. Dabei sind sie jedoch sehr fleißig und arbeitsam. Ihre ökonomischen Umstände aber sind keineswegs günstig; Wohlhabende zählt der Ort nur wenige, die übrigen sind mittellos und nicht selten sehr verarmt. Während das Grundeigenthum der 4 größten Gutsbesitzer sich zwischen 8–14 Morgen bewegt, ist der ganze Privat-Grundbesitz mit der Summe von 160.000 fl. versicherter Privat-Capitalien belastet. Durch unermüdlichen Fleiß und hochgetriebene Pflege wird dem im Durchschnitt fruchtbaren Boden das Möglichste abgewonnen; bemerkenswerth ist, daß der Ackerbau, bei welchem der Dinkel vorherrscht, ohne Pflug, nur mit Spaten und Haue betrieben wird. Ein Morgen kostet im Durchschnitt 800–1000 fl. und ist schon bis auf 1400 fl. gesteigert worden.

Bei der nicht unbedeutenden Obstzucht, deren Ertrag in mittleren Jahren sich auf 3000–4000 Simri beläuft, ist es meist auf das Mostobst abgesehen, doch werden auch feine Äpfel- und Birnsorten gezogen und zum Verkauf gebracht. Mit Pfirsichen, Aprikosen, Kirschen, Pflaumen und Zwetschen wird ein einträglicher Handel in die nahe gelegenen Städte, ja öfters bis nach Augsburg und München getrieben. Ein Dörrhaus hat die Gemeinde im Jahre 1847 eingerichtet. Die ziemlich beschränkte Wiesenfläche liefert reichlichen Ertrag; der Morgen ohne Obstbäume kostet 7–800 fl., mit Obstbäumen aber 1000–1100 fl. Da beinahe jede Familie 2 Kühe hält, so reicht das Wiesenfutter zum Erhalten des Viehstandes nicht hin, es wird daher der künstliche Futterbau häufig und mit gutem Erfolg betrieben.

Der Weinbau ist sehr beträchtlich und bildet die Hauptnahrungsquelle der Gaisburger; die Hauptsorten sind Silvaner und Trollinger, es werden aber auch Elbling, Gutedel und in neuerer Zeit Klevner und etwas Rißling gebaut. In der Regel ist der Ertrag reichlich und von mittlerer Qualität, er belauft sich auf 600 Eimer. Von den besseren Weinbergen wird der Morgen mit 800–1000 fl., von den geringeren mit 6–700 fl. bezahlt. Die Kelter hat die Gemeinde im Jahre 1823 dem Staate abgekauft. Die Viehzucht ist hauptsächlich auf den Milchverkauf nach Stuttgart berechnet, welcher einen bedeutenden Erwerbszweig bildet, auf den manche Familie beinahe ausschließlich angewiesen ist. Die Farrenhaltung ruht auf der Gemeinde, welche solche in neuerer Zeit verpachtet. Leute, die nur wenige oder gar keine Güter haben, arbeiten auswärts im Taglohn oder nähren sich mit Sandverkaufen; die Kinder gehen in die Fabriken nach Berg, Canstatt und Stuttgart. Neben den gewöhnlichsten Gewerben, unter denen 15 meist nach

Empfohlene Zitierweise:
Eduard Paulus: Beschreibung des Oberamts Stuttgart, Amt. J. B. Müller's Verlagsbuchhandlung, Stuttgart 1851, Seite 160. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:OAStuttgartAmt_160.png&oldid=- (Version vom 1.8.2018)