Seite:OAStuttgartAmt 175.png

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und steht mit Stuttgart durch die 1/4 Stunde vom Ort vorüberziehende Ruither Straße, mit Birkach durch eine noch nicht chaussirte, übrigens fahrbare Straße in Verbindung. Vermöge seiner Lage, auf einem Flachrücken der Filderhochebene, welche sich zwischen dem Ramsbachthal und dem Horberthälchen gegen das anmuthige Körschthal hinzieht, gehört Kemnath zu den freundlichsten Orten im Bezirk; es hat gesunde, frische Luft, selten Hagelschlag und ist hinlänglich mit gutem Trinkwasser, das auch in heißen Sommern nicht ausgeht, versehen.

Die Pfarrkirche steht in der Mitte des Orts, ist aber für die Bevölkerung etwas zu klein. Über ihrem Eingange findet sich ein ohne Zweifel noch von dem früheren Gotteshaus herrührendes Basrelief, das Lamm Gottes mit dem Kreuz vorstellend, eingemauert. Im Innern derselben ist ein aus Holz geschnittenes Christusbild (1674 von Anna Georg Schonhaaren gestiftet) sehenswerth. Auf dem westlichen Giebel ruht ein niedriger, 1839 aus Holz erbauter Thurm mit Flachdach und rundbogigen Schaulöchern. In früherer Zeit hatte der Ortsheilige die Kirchenbaukosten, unter 1 fl. 30 kr., und die Armenkosten, zu welchen die Gemeindekasse nur einen jährlichen Beitrag von 16 fl. lieferte, allein zu bestreiten, die bedeutenderen Kirchenbaukosten, sowie die Schulkosten aber gemeinschaftlich mit der Gemeindepflege zu tragen. Seit dem J. 1834 aber werden die sämmtlichen Kirchenkosten von der Stiftungspflege, deren Geldvermögen im J. 1848 nur 1633 fl. betrug, und die sämmtlichen Armen- und Schulkosten von der Gemeindepflege bestritten.

Im Jahr 1841 wurde südlich vom Ort ein neuer Begräbnißplatz angelegt, und der frühere an der Kirche 1843 in eine Baumschule verwandelt. Das wohnliche Pfarrhaus, welches der Staat zu unterhalten hat, ist frei und angenehm gelegen. In dem bei der Kirche stehenden alten, geräumigen Rathhaus befinden sich einige Glasmalereien ohne besonderen Kunstwerth, mit den Jahrzahlen 1552 und 1628. Im Erdgeschosse dieses Rathhauses wurde 1844 ein Backhaus eingerichtet. Die 1811 erbaute Schule, an der ein Schulmeister und ein Lehrgehülfe unterrichten, ist geräumig und in gutem Stand; der Schulmeister wohnt in einem abgesonderten Haus, welches die Gemeinde im J. 1647 angekauft hat. Die seit 1835 bestehende Industrieschule wird nur den Winter über besucht und durch Beiträge der Centralleitung des Wohlthätigkeitsvereins unterstützt. Eine Winterabendschule für die der Schule entwachsenen Söhne verdankt ihre Einrichtung und ihren gedeihlichen Fortgang dem seit 1839 hier angestellten Pfarrer Baumann.

Die Bewohner sind geordnet, friedliebend, fleißig und kirchlich gesinnt; 10–15 Männer und 40–50 Weiber halten zur s.g. Gemeinschaft; auch sind 10–15 Separatisten im Orte, welche sich jedoch der

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Eduard Paulus: Beschreibung des Oberamts Stuttgart, Amt. J. B. Müller's Verlagsbuchhandlung, Stuttgart 1851, Seite 175. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:OAStuttgartAmt_175.png&oldid=- (Version vom 1.8.2018)