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Der Ruf der hiesigen Gartenanlagen wurde europäisch. Der Grundgedanke derselben war eine ländliche Colonie inmitten der Ruinen einer römischen Stadt; das Ganze, häufig mit dem Gesammtnamen „das englische Dörfchen“ bezeichnet, bestand aus 60–70 Bauten![1] Inmitten dieser seiner Schöpfung, in einem Nebenbau des Schlosses, welches selbst er nie bewohnt hatte, starb Herzog Karl den 24. October 1793; auch sein Bruder und zweiter Nachfolger, Herzog Friedrich Eugen, verschied allhier, an seinem Lieblingsaufenthalte den 23. Dec. 1797. Nach dem Jahr 1797 wurde das Gut, dessen Administration schon unter dem ersten Nachfolger Karls, dem Herzog Ludwig in die Verwaltung der Rentkammer übergegangen war, in Pacht gegeben und das Schloß mit seinen Anlagen unter die Aufsicht und Verwaltung der Bau- und Garten-Direction in Stuttgart gestellt. Für das mit erstaunlichem Aufwand hergestellte, von vielen Fremden gesehene und bewunderte Hohenheim kam nun eine 20jährige Periode der Auflösung und des Zerfalls. Aus dem Schloß wurden alle Gegenstände von Werth nach Ludwigsburg (zum Theil Monrepos) gebracht, einzelne Bautheile ausgebrochen, viele Gebäude ganz abgetragen, die herrlichen Anlagen ihrer meisten Zierden beraubt, die Gutsumzäunung sammt den Pappel-Alleen entfernt; was noch von der alten Pracht übrig war, fand vollends sein Ende, als in den Kriegsjahren die Schloßgebäude zu wiederholten Malen zu Militärspitälern gebraucht wurden. Auch die Güter, besonders jene des Karlshofs, soweit sie nicht an Privaten verkauft worden waren, kamen bei der stückweisen Verpachtung an Bürger der Nachbargemeinden im Bau herunter. Klein-Hohenheim aber wurde der K. Hofdomänenkammer überlassen. (S. o. unter Birkach.)

Dem König Wilhelm war es vorbehalten, das ehemals prunkende Hohenheim zu einer den Wohlstand des Volkes befördernden Bestimmung zu erheben. Bald nach der Errichtung eines größeren landwirthschaftlichen

  1. Die erwähnenswertheren sind: Die Köhlerhütte, das Boudoir, der Tempel der Vesta, Ruinen eines röm. Bades, das Knabenhaus mit dem alten Thor und dem Wachthaus, das große Schweizerhaus, das röm. Gefängniß, die Maierei, das Grabmal des Nero, das röm. Rathhaus, das Gärtnerhaus, das Wirthshaus, die Mühle, der (hauptsächlich bewunderte) Sibyllen-Tempel, der alte Thurm beim Wasserfall, das Schulhaus, das Spielhaus, die gothische Kirche mit dem Karthäuser-Kloster, der alte Thurm, der Tempel der Flora, der Bogen und das Fischerhaus, der Tempel des Merkur, die Säule, der Feigensaal, die großen röm. Bäder, die drei Säulen des donnernden Jupiters, die Pyramide des Cestius, die gothische Kapelle, die Einsiedelei, der Concertsaal, das Laboratorium und die Käseküche. Abbildungen hievon geben die Prachtwerke: Ansichten des herzoglich-württemb. Landsitzes Hohenheim, nach der Natur gezeichnet von V. Heideloff und durch kurze Beschreibung erläutert. Nürnberg Frauenholz, 1795. Fol. (braun und colorirt); hiezu: merkwürdige innere Ansichten der Gebäude und Gartenpartien in Hohenheim von Victor Heideloff o. J. Fol. Viele Darstellungen nebst Beschreibungen enthält der Taschenkalender für Natur- und Gartenfreunde. Tübingen, Cotta, 1795–99. Umständliche Angaben nebst der merkwürdigen Inschrift bei der Einsiedelei stehen auch im Lexikon von Schwaben 1, 905–922 der 2. Ausg.
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Eduard Paulus: Beschreibung des Oberamts Stuttgart, Amt. J. B. Müller's Verlagsbuchhandlung, Stuttgart 1851, Seite 222. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:OAStuttgartAmt_222.png&oldid=- (Version vom 1.8.2018)