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sich auf Zwetschen und etwas Pflaumen. Im Jahr 1847 wurde eine Obstdörrhütte erbaut; auch wurde vor einigen Jahren eine Gemeindebaumschule angelegt. Die zweimädigen Wiesen können theilweise bewässert werden und erzeugen gutes Futter, welches im Ort selbst verbraucht wird. Die Preise eines Morgens bewegen sich von 200–500 fl. Der Ort hatte früher auch Weinbau, der aber, laut Lagerbuchs schon seit 1702 nicht mehr getrieben wurde. Die Benennung der Grundstücke am Abhange westlich von Rohr „im Weinberg“ und noch vorhandene Staffeln verrathen die frühere Stelle des Weinbaus, auch werden jährlich von dieser Fläche 7 fl. 45 kr. Weinzehenten entrichtet. Pferdezucht findet nicht statt. Der Zustand der Rindviehzucht ist gut; ihre Ausdehnung steht so ziemlich im Verhältniß zu dem Ackerbau und dem Futterertrag; der Schlag ist eine kräftige Landrace, die sich durch Simmenthaler Kreuzung immer noch verbessert. Die Verbindlichkeit zur Faselviehhaltung ruht seit 1833 auf der Gemeinde, früher auf der Staatsfinanzverwaltung. Die Weide, welche lange Zeit der Gemeinde (früher der herrschaftlichen Schäferei in Musberg) gehörte, wurde im Jahr 1850 in Rücksicht auf Schonung der Güter aufgehoben. Die Schweinzucht ist von keinem Belang; Land- und Bayerschweine werden gekauft und gemästet. Gänse werden etwa 200 Stücke auf der Weide gehalten.

Bei der unzureichenden Ergiebigkeit des Feldbaues beschäftigt sich ein Theil der Einwohner zugleich mit Gewerben. Am zahlreichsten sind die Hafner, einer derselben verfertigt Fayenceöfen, wozu er die Erde aus dem Badischen bezieht und mit der hiesigen Hafnererde vermischt. Das Küchengeschirr von Rohr hatte früher einen Ruf; jetzt ist die gute Erde großentheils ausgegraben. Sieben Webermeister arbeiten auf Bestellung für Auswärtige; sonst wird Weberei hauptsächlich als Nebenbeschäftigung getrieben. Flachs und Hanf wird für den eigenen Bedarf und auf Bestellung gesponnen. Zur Erntezeit gehen Unbemittelte in das Unterland, um sich als Schnitter Verdienst zu erschaffen. Im weißen Stubensandstein sind Brüche angelegt, aus denen gute Bausteine gewonnen werden, und in der Ebene bricht man Liaskalksteine zu Unterhaltung der Straßen. Rohr hat nur eine Schildwirthschaft.

Das Activvermögen der Gemeinde beträgt nach der Rechnung von 1848/49 5488 fl. 13 kr., worauf 1425 fl. Schulden lasten. Außerdem besitzt dieselbe ungefähr 440 Morgen Waldungen, aus denen jeder Bürger statt früher 1/2 Klafter, jetzt nur noch 50 Wellen erhält, das übrige Holz aber für 600–1000 fl. jährlich zu Gunsten der Gemeindekasse verkauft wird, da der Bau des Rathhauses und andere außerordentliche Ausgaben sowie die Aufhebung der Schafweide, welche jährlich 400–500 fl. einbrachte, die Gemeindeeinkünfte so geschmälert haben, daß noch eine der Staatssteuer gleichkommende Summe als Gemeindeschaden umzulegen ist. Bei

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Eduard Paulus: Beschreibung des Oberamts Stuttgart, Amt. J. B. Müller's Verlagsbuchhandlung, Stuttgart 1851, Seite 237. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:OAStuttgartAmt_237.png&oldid=- (Version vom 1.8.2018)