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oder er wird, wie auf der „Haide“ von Bothnang und Feuerbach, durch die Weingärtner, welche den unterlagernden Mergel durch Tagbau fördern und über die Sandsteinschichten ausbreiten, mehr und mehr zur Fruchtbarkeit durch Anbau genöthigt. 1

5. Luft und Witterung.

Nicht mit Unrecht wird der ersten Residenzstadt des Königreichs nachgesagt, daß sie von der Natur in zweien von den „vier Elementen“, dem Wasser und der Luft, gar stiefmütterlich bedacht sei. Denn wie oben schon die Bemühungen geschildert wurden, der Unzulänglichkeit natürlicher Wasserquellen durch die Kunst der Wasserleitung und des Bohrens zu Hülfe zu kommen, so wäre, zumal an Tagen der Windstillen in heißer Sommerzeit und in Nächten, wo die keineswegs „geruchlosen Cabinette“ ihre Geheimnisse erschließen, eine Ventilation für Abkühlung und Reinigung der Luft, wenn sie im Großen ausführbar wäre, ein Gegenstand der sehnlichsten Wünsche der Bewohner, die sich noch überdieß an den so häufigen Tagen drückender Sommerhitze in Betreff des dritten Elementes, des Feuers, zwar nicht verkürzt, vielmehr sehr beschwert fühlen. Daher gedachte man zugleich auch eine solche „Ventilation“ durch die oben erwähnte große Canalführung vom Neckar her zuwege zu bringen.

Die eingeschlossene Lage der Stadt auf dem Grunde des nur gegen NO. offenen, oder vielmehr durch die dort stattfindende Erniedrigung der umgebenden Höhen blos den nordöstlichen Luftströmungen ungehindert zugänglichen Thalbeckens, ist die nächste Ursache dieser Erscheinung. Das oberhalb der Stadt sich schon bei Heslach sehr verengende Nesenbachthal bietet den vorherrschenden südwestlichen Windströmungen nur einen sehr schmalen Zugang in die der Thalsohle unmittelbar auflagernden Luftschichten dar, während die nordwestliche und südöstliche höhere Hügelumgebung die aus diesen Strichen der Windrose wehenden Strömungen zwar nicht geradezu von der Tiefe des Thalkessels abhalten, doch in ihrer Stärke mindern und schwächere Windströmungen wohl in Windstillen verwandeln mögen. Daher fallen die in größeren bewohnten Orten gehäuften Gase und Dämpfe hauswirthschaftlichen und gewerblichen Ursprungs, zu welch’ letzteren in neueren Zeiten noch das Steinkohlen- und Leuchtgas aus Essen und einer nicht sehr luftdichten Gasleitung kommt, zumal in den engen und krummen Straßen der Altstadt, den Geruchsorganen in höherem Grade zur Last und, da seit Jahrzehenten ein ländlicher Viehstand aus der Stadt verbannt ist, so trägt die Emsigkeit der Weingärtner, das ihnen allein übrige Düngungsmaterial

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Rudolph Moser: Beschreibung des Stadtdirections-Bezirkes Stuttgart. Eduard Hallberger, Stuttgart 1856, Seite 21. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:OAStuttgartStadt0021.png&oldid=- (Version vom 1.8.2018)