Seite:OAStuttgartStadt0079.png

aus Wikisource, der freien Quellensammlung
Fertig. Dieser Text wurde zweimal anhand der Quelle korrekturgelesen. Die Schreibweise folgt dem Originaltext.

in den J. 1783, 1811 und 1834; in dem zweitgenannten Jahre starben in St. an der Ruhr 103 Personen. Seit 1834 bildete die Ruhr noch eine kleine Epidemie im J. 1836; 1849 trat sie ziemlich verbreitet, aber nicht epidemisch auf, und ebenso brachte das J. 1854 eine mäßige Steigerung der dysenterischen Erkrankungen. Die Ruhrepidemieen fielen hier wie an anderen Orten in das Ende des Sommers und den Anfang des Herbstes. Auffallend war, daß St. im Herbste 1854 von der Ruhr nur wenig berührt wurde, während die Krankheit damals in einem großen Theile des Landes, namentlich auf dem Schwarzwalde und Welzheimer Walde, aber auch in der unmittelbaren Umgebung St.’s epidemisch herrschte. Sicher gehört St. also nicht zu denjenigen Orten, welche, wie z. B. einige Schwarzwaldgegenden, die Ruhr besonders gerne heimsucht. Im Gegentheile hat St. seit 1834 keine größere Ruhrepidemie erlebt; und diese letzte Epidemie, welche an anderen Orten ungewöhnlich bösartig auftrat, war in St. zwar weit verbreitet, aber von durchaus gutartigem Charakter.

Die einheimische Brechruhr, welche nächst der Dysenterie hier genannt werden muß, scheint in St. ganz in derselben Weise wie an anderen Orten aufzutreten. Ihre größte Entwickelung fällt in die wärmsten Monate, in Juli und August. Es geht aber aus fortgesetzten Beobachtungen hervor, daß nicht einzelne, sehr hohe Temperaturen, sondern eine länger andauernde, erhöhte Wärme die Entwickelung der Brechruhr vorzüglich begünstigen. Daher fällt auch die höchste Steigerung dieser Krankheit in der Regel auf das Ende des Juli’s oder erst auf den August (Hundstage); epidemische Ausbreitung aber erlangte die Brechruhr in den Sommern 1834 und 1848, welche sich vor anderen durch anhaltende Wärme auszeichneten. Die Brechruhr befällt hier sowohl Erwachsene als Kinder. Bei den ersteren tritt sie fast ohne Ausnahme als eine gutartige Krankheit auf, welche rasch mit Genesung endigt; nur in überaus seltenen Fällen sind der Brechruhr solche Erwachsene erlegen, welche schon vorher durch Alter, Krankheit oder kümmerliche Lebensweise in hohem Grade geschwächt waren. Bei den Kindern hingegen, und namentlich in den ersten fünf Jahren des Lebens, tritt die Brechruhr häufig als Todesursache auf. Unter 1606 Kindern, welche vom Jan. 1852 bis Okt. 1855 an verschiedenen Krankheiten starben, hatten 156 an Brechruhr gelitten; dies ergibt 9,7 Proc. aller Gestorbenen.

St. scheint in Bezug auf die Entwickelung der einheimischen Brechruhr nicht von anderen Städten abzuweichen, welche ihm in Bezug auf geographische Lage und Lebensweise ähnlich sind. Aber

Empfohlene Zitierweise:
Rudolph Moser: Beschreibung des Stadtdirections-Bezirkes Stuttgart. Eduard Hallberger, Stuttgart 1856, Seite 79. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:OAStuttgartStadt0079.png&oldid=- (Version vom 1.8.2018)