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offenbar ihren Grund darin, daß die männlichen Mitglieder jener Classe genöthigt sind, schon vor der vollständigen Ausbildung ihres Brustkorbes schwere Lasten auf dem Rücken und bergauf zu tragen. Das Emphysem drückt den Katarrhen und Entzündungen der Athmungsorgane ein eigenthümliches Gepräge auf.

Von anderen akuten Erkrankungen der Athmungswerkzeuge scheint der Croup in früheren Jahrzehnden hier auffallend häufig gewesen zu sein. Er herrschte zu wiederholten Malen epidemisch; so erlagen demselben im J. 1807 51 Kinder. Aber seit vier Jahrzehnden ist der ächte Croup, der mit dem Pseudocroup nicht verwechselt werden darf, zu einer seltenen Krankheit geworden. Feuchte Kälte befördert den Croup; so trat er in etwas größerer Häufigkeit während des feuchten Winters 1852–1853 auf. Sein so seltenes Auftreten darf man vielleicht der Austrocknung der schon erwähnten Seen zuschreiben.

Croup, Lungenkatarrhe und Lungenentzündungen, soweit sie bisher betrachtet wurden, sind in ihrem Auftreten nicht an weitverbreitete epidemische Einflüsse, sondern an lokale Bedingungen, besonders an den Wechsel der Jahreszeiten, der Wärme- und Feuchtigkeits-Verhältnisse eines Ortes gebunden. Es kommen aber bezüglich der Athmungsorgane noch zwei Krankheiten in Betracht, welche meist in epidemischer Weise auftreten, nämlich die Grippe und der Keuchhusten.

Die Grippe erschien in diesem Jahrhunderte zum ersten Mal 1831, und zwar mit dem Anfange Julis, dann im Mai 1833, im März 1837, im Jan. und Nov. 1847, im Jan. 1851, zuletzt im Jan. 1855. Jede dieser Epidemieen bildete nur ein Glied in den Wanderungen der Krankheit über größere Gebiete. Aber man darf nicht übersehen, daß die Grippe, wiewohl sie im Allgemeinen als wandernde Krankheit erscheint, doch seit ihrem Wiederauftreten 1831 bei uns mehr und mehr heimisch geworden ist. Die zeitlichen Grenzen der Epidemieen und die bezeichnenden Symptome der Einzelfälle haben an Schärfe verloren, und zwischen den Epochen des epidemischen Auftretens kommen oft in kleinerer Zahl und in zerstreuter Weise Katarrhe vor, von welchen man im Zweifel bleibt, ob man sie als Grippe oder als gewöhnlichen Lungenkatarrh betrachten soll. Mit dieser Einbürgerung hat die Grippe offenbar auch an Schwere verloren; ihre heimtückische nervöse Form ist viel seltener geworden.

Gegenüber von der Grippe erscheint der Keuchhusten vornehmlich als eine Krankheit des Kindesalters. Er trat nach einer längeren Pause im Frühlinge 1845 epidemisch auf. Eine zweite

Empfohlene Zitierweise:
Rudolph Moser: Beschreibung des Stadtdirections-Bezirkes Stuttgart. Eduard Hallberger, Stuttgart 1856, Seite 83. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:OAStuttgartStadt0083.png&oldid=- (Version vom 1.8.2018)