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Breslau, Montpellier, Straßburg, London. Während in Paris die Lungenschwindsucht beim weiblichen Geschlechte häufiger ist, als beim männlichen, zeigt in St. das letztere ein kleines Übergewicht. Unter den 924 Schwindsüchtigen, welche in 10 Jahren in St. starben, sind 518 Männer und 406 Weiber, also von jenen 56, von diesen 44 Proz. – Nach den Gewerben ist die Mortalität der Schwindsucht sehr verschieden. Nach den Erfahrungen des C.-Hosp. halten die Schuster das Mittel; über dem Mittel der Sterblichkeit stehen die Buchdrucker, Küfer, Schlosser, Schneider und Ipser; unter dem Mittel die Schreiner, Maurer, Kutscher, Bäcker, Steinhauer und Zimmerleute. – Was endlich die Jahreszeiten betrifft, so macht sich ihr Einfluß auf zweierlei Art geltend. Am meisten Schwindsüchtige sterben in der kalten Jahreszeit und besonders im Frühjahre; aber die Aufnahme der Lungenleidenden war im C.-Hosp. am Stärksten im Sommer, und zwar namentlich im Aug. Auch sonst wird eine Verschlimmerung der Brustleiden öfters in der heißesten Zeit des Jahres beobachtet. Die größte Sterblichkeit der Schwindsüchtigen aber fällt in diejenigen Monate, welche überhaupt die größte Zahl der Lungenkrankheiten, besonders der Katarrhe und Entzündungen der Lungen, bringen.

An die Tuberkelkrankheit schließt sich die Skrophulose an. Sie fällt in ihren höheren Graden vielfach mit der Tuberkulose zusammen. Da die Skrophulose fast ausschließlich eine Krankheit des kindlichen Alters ist, so tritt sie unter den Kranken des C.-Hosp. nur sehr selten auf. Um so häufiger ist sie in den Armendistrikten. Hier kamen auf 5771 Kranke 220, welche mit Skrophulose behaftet waren, d. h. 3,8 Proz. der Gesammtzahl litt an den verschiedenen Graden dieser Krankheit. Faßt man die Skrophulose mit der verwandten Tuberkulose zusammen, so ergeben sich 6,4 Proz.; ein bedeutender Theil der Bevölkerung war also diesen chronischen Leiden unterworfen; aber es fehlen die Anhaltspunkte, um auch für die Skrophulose eine Vergleichung mit anderen Orten anzustellen, wie sie oben für die Tuberkulose gegeben wurde. Jedenfalls sind gerade für Tuberkel und Skropheln die Zahlen der Armendistrikte höher, als diejenigen, welche für die ganze Stadt gelten; unter den Armen wirken die Ursachen jener Krankheiten anhaltender und tiefer ein, als unter den Vermöglichen.

Diesen weitverbreiteten Krankheitszuständen stellen wir die Bleichsucht gegenüber, eine Krankheit des weiblichen Geschlechtes, welche hier sehr häufig Gegenstand der Behandlung wird. Wenn man gewöhnlich annimmt, die höheren Stände seien der Bleichsucht vorzüglich unterworfen, so wird diese Ansicht durch die Ergebnisse des C.-Hosp. und

Empfohlene Zitierweise:
Rudolph Moser: Beschreibung des Stadtdirections-Bezirkes Stuttgart. Eduard Hallberger, Stuttgart 1856, Seite 87. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:OAStuttgartStadt0087.png&oldid=- (Version vom 1.8.2018)