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einen 159′ langen und 90′ breiten Hof ein, mit einem Röhrbrunnen. An Wasser fehlte es, wie schon bemerkt, überhaupt nicht. Die 1599 erbaute dorische Säule an der Ecke der gegenüberliegenden Canzlei enthielt ein Kunstwerk, welches dasselbe in alle Theile des Schlosses trieb und vertheilte. Die drei neuen Flügel sind gegen die Hofseite durch alle drei Stockwerke mit Säulengängen (wovon der dritte 1560 noch nicht stand) versehen, in deren obern und untern Ecke eine steinerne Wendeltreppe sich befindet. Die in zwölffüßigen Entfernungen stehenden, verschiedenartig gezierten Säulen, keiner Ordnung angehörig, jedoch der korinthischen ähnlich, sind cannelirt, 12′ hoch und 13/4′ dick, haben Piedestalgesimse und geben den Gängen ein kühnes Ansehen. Der erste Stock der neuen Flügel ist gewölbt; sie und der alte Bau haben steinerne Attiken, der letztere über denselben noch unförmlich geschweifte Bogenmauern. Die an der Kirche befindlichen Fensteröffnungen ausgenommen, sind an den neuen Flügeln blos Rundbogen. Der südöstliche Bau und der nördliche Flügel sind schadhaft und mußten durch Schlaudern befestigt werden. Das Schloß hat drei runde Seitenthürme. Derjenige an der Ecke gegen Norden und Osten, 1578 erbaut, hat 471/2′ im Durchmesser, unten einen Saal, dessen Kreuzgewölbe in der Mitte auf einer freistehenden Säule ruhen, und darüber einen zweiten ähnlichen Saal. Der Thurm an der Ecke gegen Osten und Süden (den Dorotheenplatz) wurde 1686 erbaut und hat 56′ 4″ im Durchmesser, der gegen Westen und Süden, 1572 erbaut, hat 34′ 5″ Durchmesser. Warum die vierte Ecke keinen Thurm hat, ist unbekannt. – Das Schloß, als eine Wasserburg, war rings mit einem 25–30′ tiefen, und bis 25 Schritte breiten Graben, der 1777 aufgefüllt wurde, umgeben, welcher gegen Westen und Süden durch einen Canal des Nesenbaches mit Wasser versehen, und mit Fischen und Wasservögeln zum Hofbrauch besetzt, gegen Norden und Osten aber schon im 16. Jahrhundert ganz trocken war. Hier scheinen die Löwen des Herzogs Ulrich, deren 1509–1540 neben einem Löwenmeister Erwähnung geschieht, verwahrt worden zu sein. Später fanden sich in dem trockenen Graben zum Verhetzen bestimmte aufrecht einhergehende Bären, denen die Vorderfüße auf den Rücken gebunden waren; auch Hirsche, die da zur Erfrischung einen kleinen See hatten; 1736 drei Aur-Ochsen, ein Geschenk des Königs von Preußen, 5 Steinböcke, Seidenböcke etc. An der Ostseite über dem Graben stand ein steinernes Pferd, das die nahe Reitbahn in der Tiefe ankündigte. Auf der Südseite des Grabens standen etwa zwanzig von der Herrschaft vermiethete Krambuden. – Das Schloß hatte (die noch jetzt bestehenden) zwei

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Rudolph Moser: Beschreibung des Stadtdirections-Bezirkes Stuttgart. Eduard Hallberger, Stuttgart 1856, Seite 118. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:OAStuttgartStadt0118.png&oldid=- (Version vom 1.8.2018)