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Steinen zu schießen (1560); unter demselben das neue Lusthaus und vor diesem die neue Rennbahn, 390′ lang, 151′ breit, oben und unten mit zwei 44′ hohen Pyramiden und schöner Bildhauerarbeit geziert, in der Mitte auf gewundenen Säulen die Statuen der Venus und des Merkur; dann kam der große Ballonen-Platz; hierauf der mit den schönsten in- und ausländischen Pflanzen besetzte Blumengarten; sodann der Pomeranzengarten; rechts davon das 83′ lange, 42′ breite Reigerhaus, und an der Stelle der Schloßnebengebäude die Reigerwiese mit den auf Bäumen nistenden Reihern; in dessen Nähe der Fasanengarten; endlich, am untern Gartenthore, die Grotte. – Um auf die merkwürdigeren von diesen Gegenständen des Nähern zurückzukommen, so wurde das weitberühmte neue Lusthaus[1] 1580–1593 von Herzog Ludwig durch seinen Baumeister Georg Beer, welchem der junge Heinrich Schickhardt beistand, aus lauter weißen Quadersteinen erbaut. Es war 270′ lang und 120′ breit und soll 300.000 fl. gekostet haben. Der Rost dazu erforderte 1700 Eichen- und Buchen-Stämme, deren Beifuhr allein 1402 fl. kostete. Von den beiden Stockwerken ruhte das untere mit 10′ dickem Gemäuer auf 48 corinthischen Säulen, die einen Gang um einen schön gewölbten, mit dreimal 9 Säulen unterbauten Saal bildeten, in welchem drei Bassins mit kühlem Wasser Sommers frische Luft und Erquickung verbreiteten. Am Gewölbe befanden sich die in Stein gehauenen Wappen der Städte, Ämter und Klöster des Landes, an den Seiten Bilder von Kaiser und Königen, Historien und Stammbäume, und unter diesen die bis 1583 im Lande aufgefundenen römischen Alterthümer. An den Außenwänden waren des Bauherrn und seiner Gemahlinnen und 62 Ahnen in Stein gehauene lebensgroße Brustbilder mit ihren Wappen angebracht. Zum zweiten Stocke führten an den östlichen und westlichen mit je sechs hohen Fenstern versehenen Langseiten doppelte, mit je vier lebensgroßen Statuen gezierte Freitreppen, von welchen man beiderseits zunächst in eine Vorhalle und dann auf eine um das Haus führende Galerie gelangte. Die beiden Thüren in den Vorhallen waren außen mit Steinbildern, Hercules und seine Thaten darstellend, innen mit Alabasterbildern und Wappen geziert. Der 51′ hohe Saal, in welchen sie


  1. Beschreib. der alten heidnischen Schriften und Bilder im F. w. großen Lusthaus zu Stuttg. St. 1695. 4. Vorstellung des Lusthauses, sammt allen dessen kunstbaren Gemälden etc. St. 1706. In Reimen, mit einer Abbildung. Ersteres enthält mehr als letzteres. Das Meiste unserer Darstellung gründet sich übrigens auf Archiv-Notizen. Das Innere des obern Saales hat Friedrich Brendel 1619 in einem Kupferstiche dargestellt.
Empfohlene Zitierweise:
Rudolph Moser: Beschreibung des Stadtdirections-Bezirkes Stuttgart. Eduard Hallberger, Stuttgart 1856, Seite 121. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:OAStuttgartStadt0121.png&oldid=- (Version vom 1.8.2018)