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große Stallungen. Jetzt ist es Kaserne der K. Leibgarde zu Pferd. Dabei stand die Hofmetzig mit dem Schweinstall unter einem eigenen „Schweinmeister“. Südlich vom Schlosse lag der Klepperstall oder sogenannte Neue Bau, ein nach italienischen Mustern von Heinrich Schickhardt 1599–1609 an der Stelle des sogenannten unteren Bades und einiger Privathäuser aus Quadern errichtetes Gebäude von den schönsten Verhältnissen, mit vier Stockwerken und Thürmchen, mit durchbrochener Wendeltreppe auf den Ecken und Kupferdach. Der untere Raum diente zu Stallungen, den zweiten Stock nahm ein 124′ langer, 74′ breiter und 68′ hoher Saal mit einer auf 12 Säulen ruhenden Galerie und historischen Gemälden ein; in den übrigen Stockwerken befand sich unter der Aufsicht des „Plattners“, die Rüst- und Kunst-Kammer mit seltenen Kunst- und Naturgegenständen, Rüstungen, eroberten türkischen Waffen etc. Als Merkwürdigkeit wurde hier 1697 ein Schwert aufgehängt, womit vier Stuttgarter Scharfrichter, alle Namens Bickel, in 114 Jahren 800 Menschen hingerichtet hatten, abgesehen von 898 Enthauptungen mit andern Schwertern durch eben diese Männer in demselben Zeitraum! Dieses schöne Gebäude wurde 22. December 1757 im Innern durch Brand zerstört und 1779 und 1782 mit vieler Mühe vollends niedergerissen[1]. Nahe dabei, auf der Stelle des jetzigen 1710 zu bauen begonnenen Waisenhauses, wo die gegen Norden sich hinabziehende 1393 genannte Tanzwiese lag, war der Holzgarten, nächst diesem und den Schloßnebengebäuden das unten zu erwähnende kleine Theater, und zwischen dem Holzgarten und dem Schlosse ein noch 1700 genannter herrschaftlicher Weingarten. Bei dem Falkenthörlen lagen die Hofwäsche und schon 1480 die von dem Falknermeister und den Falknern bewohnte Falkenmeisterei[2], und nördlich von dieser, am Tunzhofer Thore, das erst 1819 abgebrochene Jägerhaus, wo der Jägermeister und der Meisterjäger mit den Wind- und Jäger-Knechten, und daneben die einige tausend Stücke fassenden Hundeställe, wo auch der Rüdenmeister wohnte. Neben dem Jägerhause stand das herrschaftliche Viehhaus, sowohl mit Melk- als mit Schlacht-Vieh, und diesem gegenüber das noch 1560 als „große


  1. Dasselbe ist beschrieben und nach einer Zeichnung von Victor Heideloff abgebildet in Heinrich Schickhard’s (er schrieb sich übrigens Schickhardt) Lebensbeschreibung von Eb. v. Gemminger. 1821.
  2. Ohne die Tauben u. dergl., die auf dem Lande gegeben wurden, erforderte (1611) die Falkenmeisterei 281/2 Ctr. Rindfleisch, 49 Ctr. Lungen und Lebern, und 208 alte Hühner jährlich.
Empfohlene Zitierweise:
Rudolph Moser: Beschreibung des Stadtdirections-Bezirkes Stuttgart. Eduard Hallberger, Stuttgart 1856, Seite 127. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:OAStuttgartStadt0127.png&oldid=- (Version vom 1.8.2018)