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große obere See gelegen, welcher aber schon 1555 nicht mehr im Stande war. An ihn stieß westlich der bis zum Büchsen-Thore hinabgehende, 1393 erstmals erwähnte, 61/2 M. große mittlere See an, der 1700 trocken gelegt, 1752 mit Maulbeerbäumen zur Seidenzucht besetzt und später in Gärten umgeschaffen wurde, die daher noch jetzt „Seidengärten“ heißen. An diesen stieß der durch ihn gespeiste, von ihm nur durch den als Straße zum Büchsen-Thore dienenden Damm getrennte, 1440 angelegte untere See, der bei einem Umfange von 35 M.[1] bis zum Seegassen-Thor hinabreichte und eine 1464 und 1517 angelegte Bleiche begrenzte. Er war noch 1695 mit Fischen besetzt. Nach seiner erst 1737 erfolgten Trockenlegung entstanden hier die sogenannten „Seewiesen“. 1

b. Neuere Ausbildung.

Der beschriebene Zustand hat sich im Laufe eines Jahrhunderts völlig verändert. Der Lustgarten mit seinen Gebäuden, ausschließlich des neuen Lusthauses, ging allermeist schon bei Erbauung des neuen Schlosses und Anlegung der Planie ein, und das Jägerhaus mit einigen anstoßenden alten Gebäuden an der Königs-Straße ward 1818 vollends beseitigt. Mit dem Abbruche der Mauern der alten Stadt, wovon nur noch der kleine Rest längs der Königs-Straße, der noch jetzt „unter der Mauer“ heißt, übrig ist, und der Thore, sowie mit Ausfüllung der Gräben derselben wurde schon vor 190 Jahren begonnen; diejenigen der Vorstädte verschwanden erst unter der jetzigen Regierung bis auf einige Mauerreste beim Bollwerk, an den Seewiesen und an der Heusteige, wo auch noch ein kleiner Thurm steht. Weil übrigens die Turnier-Acker- und theilweise auch die Eßlinger Vorstadt höher lagen, als die alte Stadt, so sind die von dort herabführenden Straßen noch jetzt zum Theile steil. Wurde hiedurch für die Salubrität viel gewonnen, so hat das äußere Bild der Stadt unter König Wilhelm auch sonst sich verschönert: düstere Farben sind von freundlichen verdrängt, Plätze und Straßen erweitert und so viel möglich geebnet, und gefälligere, solidere Bauten, erst durch Barth, Groß und Thouret, jetzt durch Gaab, Breymann, Mauch, Egle, Leins etc. greifen immer mehr Platz, und neue Stadt-Theile gehen Radien gleich fortwährend nach allen Seiten vom Kern aus, so daß jetzt der Umfang der Stadt zwei Wegstunden betragen mag. Auch der Weiler Berg und noch mehr Heslach rücken durch neue Bauten der Stadt immer näher. Unter König Friedrich entstanden


  1. Die Verschiedenheit der Größen-Angaben erklärt sich daraus, daß die Seen mit der Zeit an Umfang abnahmen.
Empfohlene Zitierweise:
Rudolph Moser: Beschreibung des Stadtdirections-Bezirkes Stuttgart. Eduard Hallberger, Stuttgart 1856, Seite 137. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:OAStuttgartStadt0137.png&oldid=- (Version vom 1.8.2018)