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Städten beigezählt werden, wobei freilich von der alten Stadt mit ihren krummen und engen Gassen, die hierin allen alten, nicht umgebauten Städten gleicht, abzusehen ist. Wie von den umliegenden Höhen aus die Stadt ein stets wechselndes Diorama darstellt, so sind es auch die neuen Stadt-Theile, die den Blick auf die Höhen eröffnen, welche – Stadt und Landschaft malerisch vereinigend – überall hereinblicken, und besonders wenn die Weinreben grünen, ungemein erheitern. In die Gärten hinausreichend ist die Stadt innerhalb ihres Weichbildes selbst noch reich an Gärten, welche, namentlich in einzelnen neueren Theilen, die Annehmlichkeiten eines halbländlichen Lebens gewähren. Schon hieraus erhellt, daß die Bauart eine weitläufige ist, und es nimmt auch in der That, wie schon vor 26 Jahren behauptet werden konnte[1], die Stadt einen Flächenraum ein, worauf nach der Bauweise (der älteren Stadt-Theile) von Paris oder Wien drei bis viermal mehr Menschen wohnen könnten. Die neuere, manche Vortheile bietende Bauart mit Höfen und Einfahrten trägt sehr dazu bei, die Straßen frei und rein zu erhalten. Keine neue Straße darf weniger breit als 50′ angelegt werden, und in alten Straßen soll kein Haus neu errichtet werden, wenn nicht eine Straßen-Breite von 40′ erreicht werden kann. Einzelne neuere Straßen, die Neckar- und Paulinen-Straße etc. haben noch größere Breite, und es wäre, zumal da neuerlich Gebäude von größerer Höhe häufiger werden, zu wünschen, daß auch bei anderen Straßen-Anlagen diese Rücksicht einträte. Die schönsten Straßen sind die in eine reizende Landschaft auslaufende Neckar-Straße und die derselben beinahe parallel laufende, gegen 80′ breite und 4000′ lange Königs-Straße, wo Sonntags die hohe und niedere, schöne und junge Welt sich bewegt und durch Post und Eisenbahn das lebhafteste Treiben herrscht. An diese reiht sich die durch die Kriegsberge begrenzte Friedrichs-Straße an. In den besuchteren Straßen gewinnen neuerdings die Gebäude durch Einrichtung schönerer Kaufläden und Magazine zu ebener Erde einen weiteren Schmuck. Die meisten neuen Häuser haben einschließlich des Parterre drei, die neuesten vier bis fünf Stockwerke, wovon besonders die mittleren eine Zimmerhöhe von 12–15′ erreichen. In einfachem Style gehalten, sind die Wohn-Gebäude meist zweckmäßig und bequem eingerichtet, manche mit Altanen oder Balkonen, Säulen-Portalen und Vorhallen versehen[2].


  1. S. die sinnigen Aphorismen in Paulus Sophronizon, 1829, S. 95.
  2. Mehrere derselben sind abgebildet und beschrieben in „Zellers Privat-Gebäuden Stuttgarts, von 1806–1844.“ Stuttg. 1845. Fol. 2 Hefte (unvollendet).
Empfohlene Zitierweise:
Rudolph Moser: Beschreibung des Stadtdirections-Bezirkes Stuttgart. Eduard Hallberger, Stuttgart 1856, Seite 140. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:OAStuttgartStadt0140.png&oldid=- (Version vom 1.8.2018)