Seite:OAStuttgartStadt0182.png

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Zelt-Dach, deren Spitze eine Kreuz-Blume trägt, steigt zu gleicher Höhe mit ihm empor. Sonst macht auf der Nord-Seite der Stifts-Kirche nur noch eine Rose über dem nordwestlichen Eingang einigen Anspruch auf künstlerische Geltung. Die Streben der Schiffe, welche nach außen nur wenig hervortreten, erscheinen sämmtlich als aus dem Grundriß der Spitz-Säule construirte Halb-Pfeiler mit einer pyramidalen, durch Krappen und Kreuz-Blume verzierten Spitze; die Fenster sind viertheilig und, mit Ausnahme der beiden westlichen, in ihren Spitz-Bögen mit spätgothischem Maßwerk ausgefüllt. Ein sehr einfaches Kranz-Gesims läuft um die ganze Kirche, deren Schiffe ein hohes, die Bedeckung des Chors weit überragendes Dach bedeckt. Das mittlere Schiff wird von den beiden Seiten-Schiffen, von der Arkadenhöhe an, überragt. Im Innern tragen zwei Reihen Pfeiler, deren Gliederungen in die spitzbogigen Arkaden verlaufen, die kunstvoll construirten Netz-Gewölbe. Die weit in das Innere der Kirche gerückten Strebe-Pfeiler bilden kleine Capellen, über welche zierliche Netz-Gewölbe gespannt sind. Fünf nicht sehr hohe, aber breite Fenster auf jeder Seite erhellen die Kirche. Die mit figürlichen Relief-Darstellungen verzierten Schluß-Steine stehen in einem hübschen Verhältniß zu den interessanten Gewölben, deren Reihungen verschiedenartige geometrische Figuren bilden. Das letzte östliche Gewölbe des südlichen Seiten-Schiffs schließt sich an die westliche Wand des alten romanischen Thurms an, das letzte östliche des nördlichen dagegen öffnet sich gegen eine gewölbte Empor-Bühne (bei Heideloff a. a. O. abgebildet) mit spitzbogigen Arcaden, zu der man durch eine steinerne Wendel-Treppe gelangt. Ein hängender Schluß-Stein des Netz-Gewölbes dieser Empore trägt das in Stein ausgeführte und bemalte Bild des heil. Urban, des Schutz-Patrons der Weingärtner, das gerade unter dem Schluß der spitzbogigen Arcade zum Vorschein kommt, welche in die zwischen die beiden letzten nördlichen Streben eingelassene sog. Urbans-Capelle führt, deren Decke flach ist, aber durch freie, mit Maßwerk angefüllte Rippen den Schein eines Gewölbes erhält. Das durch eine einfach gegliederte spitzbogige Arcade sich gegen das Mittel-Schiff öffnende Erd-Geschoß des romanischen Thurms enthält ein spitzbogiges Kreuz-Gewölbe, dessen Rippen auf hübschen, mit Blattwerk im romantischen Styl verzierten, Capitälen ruhen und in einer einfachen Rosette schließen. Der ehemalige Lettner zwischen Chor und Mittel-Schiff war mit den Darstellungen der Verkündigung der Geburt Christi, der Beschneidung und Offenbarung „ebenmäßig ganz schön und zierlich in Stein gehauen“ geschmückt, wurde aber zu Anfang dieses Jahrhunderts als baufällig

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Rudolph Moser: Beschreibung des Stadtdirections-Bezirkes Stuttgart. Eduard Hallberger, Stuttgart 1856, Seite 182. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:OAStuttgartStadt0182.png&oldid=- (Version vom 1.8.2018)