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auf der Nord- und Süd-Seite, zwei etwas weniger lange an der westlichen Façade, und die Rose über dem Hauptportal erhalten die Schiffe der Kirche ihr Licht. In das (neu eingesetzte) Maßwerk des Rundfensters sind Glasmalereien eingelassen, die im Mittelfeld ein würdiges Brustbild Christi, in den andern geschmackvolle Ornamente enthalten, und, von Stadtrath Denninger gestiftet, von den Gebr. Scheerer ausgeführt wurden. Durch den breitgesprengten Triumphbogen mit scharf ausgekehlter, vorn in ein birnartiges Profil zusammenlaufender Gliederung, gelangt man in den nur um zwei niedrige Stufen über den Boden der Kirche erhöhten, aus dem Achteck geschlossenen, von fünf zweitheiligen, langen und schmalen Fenstern erhellten Chor, dessen Netzgewölbe an Feinheit und Zierlichkeit denen der Kirche gleich kommen, diese aber an Höhe überragen. Nördlich führt eine Thüre mit flachem Bogen und Kreuzstäben in die mit Netzgewölben bedeckte Sacristei, einen nach der Vollendung der Kirche zwischen den letzten nördlichen Schiffs- und den ersten Chorstrebe-Pfeiler gespannten Anbau mit drei spätgothischen Fenstern. Eine ähnliche, nur etwas kleinere Thüre öffnet sich in den der südlichen Abseite östlich vorgebauten Thurm. Die Schlußsteine der Kirchen- und Chor-Gewölbe sind mit Bildern von Heiligen, zum Theil von sehr guter, halberhabener Arbeit geschmückt – Die Kirche hat 1852 an Stelle der alten von 1621 eine neue gute, von Walker gebaute, Orgel erhalten. 1

Außerhalb der Kirche, vor dem Chorschluß gegen Osten, steht der s. g. Ölberg (abgebildet bei Heideloff S. 27), ein im Jahre 1501 von Jakob Walther, gen. Kühhorn, und seiner Gattin Clara Mager auf dem (damaligen) Gottesacker gestiftetes ausgezeichnetes Bildwerk. Dieses aus vier lebensgroßen Figuren bestehende Monument mit seinem altersgrauen, hin und wieder malerisch mit einer Schichte immergrünen Mooses bedeckten, Gesteine ist, obgleich seit vierthalb Jahrhunderten den Verheerungen der Elemente preisgegeben, noch ziemlich gut erhalten. Eine im Jahre 1839 mit Hilfe einer Collecte (wozu der König 600 fl. und die Königin 100 fl. beitrugen) vorgenommene Restauration ergänzte einige beschädigte Theile, bei welcher Gelegenheit dasselbe auch, besseren Schutzes wegen, mit einem eisernen Gitter umgeben wurde. Auf einem Berge, an welchem Schlangen, Eidechsen und anderes Gewürme hinankriecht, auf dem Menschenknochen und Schädel umherliegen, der Schädelstätte, ist das steinerne Kreuz errichtet, an welchem Christus hängt, eine edle, würdevolle Gestalt, von herrlichem Ebenmaß des Gliederbaus und ergreifender Macht des Ausdrucks eines, alle Theile des Körpers durchzuckenden, aber von erhabenster Seelengröße

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Rudolph Moser: Beschreibung des Stadtdirections-Bezirkes Stuttgart. Eduard Hallberger, Stuttgart 1856, Seite 188. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:OAStuttgartStadt0188.png&oldid=- (Version vom 1.8.2018)