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in den Kreuzgängen aufgestellt gewesen, sind nur noch wenige interessante erhalten. Das Denkmal des „Junker Dietrich von Wyler“ (gest. 1507), eines in voller Rüstung auf einem Löwen stehenden jungen Mannes, erregt wegen der Naivetät der Auffassung und hübschen Darstellung das Interesse des Kunstfreundes; den Historiker fesselt das einfache Monument des berühmten Reuchlin, das sich dieser schon bei Lebzeiten mit einer von ihm selbst verfaßten Inschrift in drei Sprachen errichten ließ. Das Denkmal besteht in einer einfachen Tafel, auf der man in den obern Ecken des oblongen Steines links die Worte: צלמ התוומ‎ (ewiges Leben), rechts: ΑΝΑΣΤΑΣΙΣ (Auferstehung) liest. Die Grabschrift selber lautet: ANN. CHR. M. D. I. SIBI. ET. POSTERITATI. CAPNIONIAE. IOANNES. REUCHLIN. PHORCENSIS. Reuchlins Leiche wurde übrigens (1522) nicht in der Hospital-, sondern in der St. Leonhards-Kirche beigesetzt, da sein bekannter Streit mit den Prediger-Mönchen in Cöln ihn auch in Conflikt mit denen zu Stuttgart gebracht hatte.

Die Kirche in Berg, ein 1853 unter v. Gaab begonnenes und 1855 vollendetes neues Gebäude in gothischem Styl, erhebt sich an der Stelle des alten, aus dem 15. Jahrhundert stammenden Kirchleins, (oben S. 113) dessen Raum durch die Zunahme der Bevölkerung unzureichend geworden war. Am 30. Sept. 1855 wurde die neue Kirche eingeweiht. Nächst derselben wird nun statt des alten auch ein neues größeres Schulhaus gebaut.

An den auf 56.886 fl. sich belaufenden Kirchenbaukosten trug die Staatskasse 40.000 fl., während der König, der sich für eine würdige Ausführung dieses auch zur Zierde der Gegend gereichenden Kirchen-Gebäudes besonders interessirte, die weitern Kosten auf die Oberhofkasse übernahm, die nun auch zu den Kosten des Schul-Gebäudes beiträgt. Bei dem Kirchen-Gebäude ist deutscher Spitzbogenstyl zur Anwendung gebracht. Gegen Westen erhebt sich der zierliche, der Kirche vorspringende Thurm, auf einer Vorhalle ruhend, zu der von Westen, Norden und Süden je ein aus Rundstäben und Kehlen profilirtes offenes Portal führt. Diese Portale sind an den Thurmwänden durch einen Ziergiebel mit Krappen auf den Schenkeln, Blume auf der Spitze und manchfach variirtem Blendenmaaßwerk im mittleren Felde desselben überhöht. Die Giebel selbst aber sind wiederum von Rahmen mit Mauerblenden eingeschlossen. Der Thurm steigt in zwei Stockwerken vierseitig in die Höhe und wird von zwei Strebe-Pfeilern gegen Westen und gegen Norden und Süden gestützt. Diese Strebe-Pfeiler sind nicht glatt, sondern haben Blenden auf den Seiten; sie treten im ersten Absatz

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Rudolph Moser: Beschreibung des Stadtdirections-Bezirkes Stuttgart. Eduard Hallberger, Stuttgart 1856, Seite 193. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:OAStuttgartStadt0193.png&oldid=- (Version vom 1.8.2018)