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welche jene erzeugen, hauptsächlich aber die Bemühungen der Weinverbesserungs-Gesellschaft, des Weinbau-Vereins und des Güterbesitzer-Vereins antreiben. Auch lehrt die Erfahrung, daß der geringere Wein durch Bier und Obstmost immer mehr verdrängt wird, wie es denn auch ein merkwürdiges Wahrzeichen ist, daß seit 25–30 Jahren inmitten der Weinberge Bierkeller stehen, welche die Weingärtner lange nicht verwinden konnten. – Die hiesige Bauart ist die im ganzen Unterlande übliche nach Schnitt und Behandlung der Reben. Die Reben werden über den Winter in höheren (wöhrlichen) Lagen nicht bezogen (trechen, bedecken). Die nur hie und da bezogenen müssen alle 25–30 Jahre erneuert werden, von denjenigen, welche regelmäßig bezogen werden und von unbezogen bleibenden hat man Beispiele von einem Alter bis zu 100 Jahren. Es findet Kopferziehung und Pfahlbeholzung Statt, an deren Stelle jedoch neuerlich nicht selten die Erziehung an festgemachten Rahmen tritt. Ausgestockte Weinberge werden ein oder mehrere Jahre vor der Wiederbestockung häufig mit Küchen- oder Futter-Gewächsen angepflanzt. Auf den Morgen rechnet man 2200 bis 2400 Stöcke. Die Besserung geschieht durch animalischen Dünger, Compost und Mergel (oben S. 20). Der Lohn für das Bebauen wird alljährlich vom Gemeinderathe regulirt; für 1854 ist er auf 30 fl. 23 kr. vom Morgen festgesetzt (ohne Pfähle, Stroh etc.) Steinerne trockene Mauern und Gestäffel verursachen stets besondere Kosten und vertheuern die an Bergabhängen angelegten Weinberge, die in den besseren Lagen von 2400 bis 4000 fl. pr. Morgen bezahlt werden. Als Nebennutzung werden an leeren Platten Johannisbeeren, Bohnen, Wälschkorn, hie und da Rettige gepflanzt. Die dermaligen Rebsorten, von denen ungefähr 20 vorkommen, sind vorherrschend: Trollinger, (Wälsche) Roth- und Schwarz-Urban, Elben, Silvaner und Gutedel. Neu eingeführte Rebsorten sind: der Yverduner (hier „Liebedoner“ genannt), der Aßmannshauser Klevner und der Portugieser, auch wird neuerdings der Riesling wieder aufgenommen; wogegen seit 1829 die Putzscheeren beinahe ganz verschwunden sind. Mehr als die Hälfte der Weingärten liegt hoch. Gute Halden sind: Kriegsberg, Falkert, Kornberg, Sünder, Heller, untere Steingrube, mittlere Steinenhausen, Sonnenberg, Afternhalde, Wernhalde, Sauhalde, Ameisenberg, Mönchhalde, Koppenthal, mittlere Atzenberg, Worfmershalde, Wanne, Reinsburg, Hetzer, Gänser. Von der großen Zahl der übrigen Halden hat der Gemeinderath vor einigen Jahren 49 M. als solche bezeichnet, die zum Weinbau mehr oder weniger untauglich seien, wovon seit 1852 etwa 100 M. ausgehauen worden sind.

Empfohlene Zitierweise:
Rudolph Moser: Beschreibung des Stadtdirections-Bezirkes Stuttgart. Eduard Hallberger, Stuttgart 1856, Seite 214. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:OAStuttgartStadt0214.png&oldid=- (Version vom 1.8.2018)