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Im J. 1581 wird der Harfenist Petrus a Pey, 1602 der Lautenist Tiberius Palmanuto genannt; 1607 zählte die Capelle 43 Angehörige. Die Instrumentalisten, zu jener Zeit meist rohe, händelsüchtige Leute, die sich gerne „überweinten“, waren übrigens von den Sängern, die in der Regel wissenschaftliche Bildung hatten, gänzlich verschieden. Sie, wie auch die von ihnen wieder unterschiedenen Hof- und Feld-Trompeter, 1556 10–12, 1607 16 an der Zahl, hatten Lehrjungen, welche sie für den Dienst nachzogen und die zur weiteren Ausbildung an fremde Höfe geschickt wurden. – Eine große Rolle spielte in der Capelle lange Zeit die Orgel. Sie war noch zu Anfang des 16. Jahrhunderts das einzige höher geachtete Instrument. Herzog Ulrich bemühte sich noch vor der Reformation um tüchtige Organisten, auch für die Landstädte. Bereits 1509 treffen wir einen Jörg Scharpf oder Kapf aus Augsburg als Hof-Organisten. Als solche werden unter Andern Wolfgang Ganß d. ä., welcher 1575 als „der berühmteste Instrumentalist zu dieser Frist auf Zinken, Pfeifen und manchen andern Instrumenten“ bezeichnet wird; 1611 der sehr gerühmte Ludwig Lohet und 1690 der berühmte Johann Pachelbel aus Nürnberg genannt. – Die Capelle hatte schon in dieser Periode ihre eigenen Componisten, als welche 1509 Jörg Brack, 1541 Hulderich Brätel und 1567 Balduin Hui oder Hoyul genannt werden. Auch der Capellmeister Daser, (gest. 1589) war ein tüchtiger Tonsetzer, dessen 1565 erschienenen Passionen noch jetzt als classisch gelten. Sein Ecce nunc benedicite Domino etc. secundi toni, wurde 1616 bei einer feierlichen Veranlassung in der Hofkirche „von acht Stimmen mit vier Pommerten und vier Fagotten ausgeführt, hernach aber, da die Orgel ihnen mit einer besonders schönen Fuga respondiret, wiederum das herrliche Stück Gr. Aichingers: Laudate Dominum etc. sexti toni, von acht Stimmen mit zwei Zinken, vier Posaunen und zwei Fagotten, sammt den auserlesenen Vocalisten“, gehalten.


    Die damals üblichen Instrumente, ausschließlich der Trompeten und Pauken, sind aus einem noch vorhandenen Verzeichnisse zu ersehen, wonach die Capelle im Jahre 1576 besaß: eine größere und eine kleinere Orgel in der Hofkirche, 4 Virginalen, davon 1 in des Herzogs Gemach; 3 Clavichordien, 13 Posaunen, 35 Zinken, 9 Pomharte, 2 Fagotte, 1 Ragget, 14 Krummhörner, 16 Flöten, worunter 1 Concertflöte, 35 Zwerchpfeifen, 2 Schalmeien, 24 Geigen, 3 Violen, 1 Fastnachtspiel (dabei „ein hölzernes Gelächter“), 2 Cithern, 9 Lauten von Eibenholz und Elfenbein, darunter eine Baßlaute zur Orgel, eine Quartlaute zum Clavichordium und eine Quintlaute „allein damit aufzuwarten“. Die Laute war Jahrhunderte lang das Lieblings-Instrument der Deutschen; und es verdient bemerkt zu werden, daß der Unterricht, welchen Herzog Ludwig als Prinz bis 1570 auf derselben erhielt, von seinem Geheimenrath Jäger von Gärtringen ertheilt worden ist.

Empfohlene Zitierweise:
Rudolph Moser: Beschreibung des Stadtdirections-Bezirkes Stuttgart. Eduard Hallberger, Stuttgart 1856, Seite 412. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:OAStuttgartStadt0412.png&oldid=- (Version vom 1.8.2018)