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Statt[1]. Ein sehr großer rauher Fels mit Grotten und Wasserwerken schwamm heran, und aus ihm traten zwei pfeifende Satyren und ein eisgrauer Eremit, der „ein zitterndes, wohl mensurirtes Tänzlein“ aufführte, und dann zu einem Liede die Laute „sehr lustiglich zu zwicken“ begann. Nach ihm kamen 12 Edelknaben heraus und tanzten verschiedene Figuren, worauf der Fels sich spaltete und man einen schönen, prächtig beleuchteten Säulen-Saal sah, worin die Göttin der Treue, umgeben von ihrem Hohen-Priester und 16 myrthenbekränzten Rittern, stand, welche zum Spiele von Lauten „einen gravitätischen, doch zugleich zierlichen Processions-Tanz“ ausführten. Hierauf tanzten sie Gavotte, Curanten und Gailarden, und gaben sich durch Abnahme der Masken als Fürsten etc. zu erkennen. – Das letztbeschriebene Ballet aus dieser Periode wurde am 17. September 1618 ebenfalls in dem „weitberühmten Saal des Lusthauses“ gegeben[2]. Unter dem Schalle von Zinken und Posaunen schwamm in Gewässern eine bergige Insel, „ein wunderbarliches und meisterhaftes Werk“, anzusehen wie ein schöner lustiger Garten mit lieblichen Blumen und köstlichen Früchten, einher. Auf einer Erhöhung saßen „die zwölf Ritter der bewegenden Insul“, hinter einem frischen Brünnlein der Gott des Meeres, „der das Wasser regierte und die Insul in den gewünschten Port führte“, im Rohr des Gestades Tritonen. In der Nähe der fürstlichen Braut angekommen, hielt die Insel still; Neptun verkündigte den Zuschauern die Ursache der Ankunft der Ritter, überreichte jenen einige Poesieen und fuhr wieder ab. Nun fingen die Tritonen in einem neuen Tone zu blasen an, zu welcher lustigen Musik unversehens 8 ungeheure Frösche aus dem Wasser hervorhüpften, „unter sich einen ganz wunderbarlichen und kurzweiligen Froschtanz“ aufführten und „mit einem zusammenkoaxenden Geschrei, mit Aufeinandersitzen, Übereinanderspringen, Überpurzeln“ und anderen Possen so lange sich blähten, bis plötzlich ein Storch, jetzt nach der Musik hüpfend, dann fliegend, erschien, mit seinem langen Hals und Schnabel die Frösche bald auf einen Haufen brachte, bald auseinander trieb und dann ins Wasser jagte. Endlich ließen sich 10 Geigen hören, welche die aus altromanische Weise in weißen und leibfarbigen Doppeltaft gekleideten Ritter aus der Insel hervorlockten, die nun ein Ballet mit verschiedenen, den württembergischen und holsteinschen Wappen entnommenen, Figuren tanzten. 1

Diese mit Poesie und Musik verbundenen, den Übergang zur Oper bildenden, scenischen Aufführungen, wozu meist unser Dichter Rud. Weckherlin (S. 100) Phantasie und Worte geliehen, wurden, unter Mitwirkung von Hofangehörigen, durch eine „engelländische Compagnie“ – eine jener schon erwähnten Künstlerbanden,


  1. Aigentliche wahrhafte Delineation aller fürstlichen Auffzüg und Ritterspiele bey des etc. Herzogs Joh. Friedr. v. Württemberg Ihrer F. Gnaden jungen Sohnes Herzog Ulrich angestellter fürstlicher Kindtauff und des etc. Herzogs Lud. Fried. von Württemberg mit etc. Magd. Elisab. Landgräfin von Hessen Fürstlichem Beylager etc. von Esajas von Hulsen. Mit vielen Kupfern. Dazu gehört die von G. Rudolph Weckherlin verfertigte Beschreibung des Festes. Tübingen 1618. Quer-Fol.
  2. Beschreibung etc. des jüngst zu Stutgarten gehaltenen fürstlichen Balleths. Stutgarten 1618. 4. Mit französischen und deutschen Versen von G. R. W. (Weckherlin.) Die Veranlassung war die Vermählung des Herzogs Julius Friedrich von Württemberg mit der Prinzessin Anna Sabina von Holstein-Sonderburg.
Empfohlene Zitierweise:
Rudolph Moser: Beschreibung des Stadtdirections-Bezirkes Stuttgart. Eduard Hallberger, Stuttgart 1856, Seite 416. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:OAStuttgartStadt0416.png&oldid=- (Version vom 1.8.2018)