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Theil zu nehmen, da sie dem Gerichte keineswegs entzogen waren. Auch ein neuernanntes Rathsmitglied hatte auf die Bürgerstube einen silbernen Becher zu geben. Beiden Collegien stand, wie in andern Gemeinden, zuweilen als vorübergehende Bürger-Repräsentation ein Gemeinde-Ausschuß gegenüber, der in schwierigen Zeiten auf Verlangen bald der Bürgerschaft, bald des Magistrats berufen wurde. Der Stadtschreiber wird 1451 erstmals genannt.

Wie im Mittelalter fast jede Stadt ihr eigenes Privatrecht hatte, so war dies auch hier der Fall; allein es war lange Zeit nicht aufgezeichnet. Graf Eberhard im Bart gab zwar 9. Nov. 1492 ein sogenanntes Stadtrecht (Sattler G. IV. Beil. 15); es hat aber nur theilweise das Recht zum Gegenstand und änderte das anderweite Stadtrecht nicht. Dieses wurde 1508 erstmals schriftlich zusammengefaßt in dem noch jetzt vorhandenen sogenannten Ehehaften- oder Gesetz-Buche. Hinsichtlich des Erbrechtes galt bis zu Promulgirung des ersten Landrechtes die Bestimmung, daß, wenn ein Ehe-Gatte zur zweiten Ehe schritt und aus der ersten Kinder vorhanden waren, mit diesen getheilt werden mußte (Wächter Gesch. d. w. Privatrechts I. 208 etc.); auch war das 1432 aufs Neue bestätigte Recht eigenthümlich, wonach Kinder, die sich gegen der Eltern Willen und Wissen verheiratheten, von diesen enterbt werden konnten (Sattler G. II. Beil. 52.)

Bis hierher hatte die Stadt und das jetzige Amt (Amts-Oberamt) eine gemeinschaftliche Verwaltung, mit der einzigen Ausnahme, daß für letzteres eine eigene Amts-Pflege bestand. Im J. 1694 aber wurde die bleibende Stelle eines Amts-Vogtes, und 1759 auch diejenige eines Amts-Schreibers geschaffen; wogegen die peinlichen Processe der Amts-Orte erst 1811 und die bürgerlichen Rechtsstreitigkeiten derselben 1812 von dem Stadtgerichte weg kamen. Der Stadt-Oberamtmann – wie seit 1759 der Stadt-Vogt benannt wurde – erhielt 1811 die Benennung Stadt-Director und ward unmittelbar dem Ministerium des Innern untergeben. Am 18. Nov. 1817 wurde die Stadt-Direction, unbeschadet ihrer eigentlichen Bestimmung, mit den Rechten einer Mittel-Behörde in Regiminal-Sachen ausgestattet und dieser bis 15. Mai 1818 auch die Stadt Canstatt untergeordnet; am 4. Mai 1820 aber wurde, unter Trennung der Justiz und Verwaltung, das Stadt-Gericht und Criminal-Gericht in Unterordnung unter den Gerichtshof für den Neckarkreis mit der Bestimmung errichtet, daß deren Vorstände Mitglieder der Stadt-Direction, soweit diese als Mittel-Behörde zu handeln habe, sein sollten. Diese erweiterte Behörde hörte jedoch schon mit 1. October 1822 wieder auf, indem der

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Rudolph Moser: Beschreibung des Stadtdirections-Bezirkes Stuttgart. Eduard Hallberger, Stuttgart 1856, Seite 436. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:OAStuttgartStadt0436.png&oldid=- (Version vom 1.8.2018)