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Brüderschaften der Handwerker in der Stifts-Kirche ihre Vereinigungen und Seelen-Ämter, wozu noch die 1452 von Bürgern gestifteten Brüderschaften zu S. Jacob und zu S. Sebastian, und die um 1518 von den Weingärtnern gegründete, im Besitze einer eigenen Capelle (S. 182) befindliche, S. Urbans-Brüderschaft kamen. Von Bedeutung war namentlich die Salve Regina-Brüderschaft, welche 1429 wegen einer herrschenden Seuche von mehreren Hof- und Canzlei-Angehörigen gestiftet wurde und ihren Namen daher hatte, weil täglich zur Ave-Maria-Zeit durch Priester und Schüler ein „Salve Regina“ beginnender Lobgesang gesungen ward. Sie erwarb 1437 die Kirchensätze zu Höfingen und Pleidelsheim, besaß sonstige Güter und Einkünfte und hatte die schon erwähnte Caplanei. Bemerkenswerth ist, daß sie schon 1459 eine Prädicatur, die Stiftspredigers-Stelle, gründete und dotirte, welche jedoch bereits 1500 wieder einging. – Der Stifts-Propst war übrigens das Haupt der württembergischen Geistlichkeit und vom Bischof zu Constanz bevollmächtigt, in den dem Papst oder dem Diöcesan-Bischof vorbehaltenen Fällen zu absolviren (Pfaff I. 320). Das Stift hatte ansehnliche Besitzungen und Rechte; es besaß in mehr als 40 Orten Kirchen, Kirchensätze, Zehenten, Gefälle und Güter, deren es namentlich von Graf Ulrich dem Vielgeliebten im Werth von fast 15.000 fl. geschenkt erhalten hatte. – Die S. 186 erwähnte Capelle zu St. Leonhard, ein Filial des Stifts, hatte 5 bis 6 Altäre und Caplaneien: zu St. Leonhard, 1408 von Fri. v. Lustnow, Chorherrn des Stifts, aufs Neue dotirt; zu S. Ulrich, 1423 von Conrad Bindisholz von Owen gestiftet und dotirt; zu S. Johannis Bapt. und Evang. 1440 von Nicol. Schopp und seinem Sohn gestiftet und dotirt; zu Aller Seelen, 1491 von Elisabethe, Gemahlin Graf Eberhards d. j. gestiftet und dotirt; den oberen Altar. In der Capelle hatte die 1515 gegründete S. Anna-Brüderschaft ihre Messen. Eine eigene Prediger-Stelle wurde 1511 errichtet. – Ein weiteres Filial des Stiftes, die Marien- oder Liebfrauen-Capelle auf dem Turnier-Acker (S. 189), übergab Graf Ulrich der Vielgeliebte den Prediger-Mönchen, welche er mit päpstlicher Erlaubniß aus Nürnberg berief, indem er ihnen zugleich neben der Capelle einen Platz zum Klosterbau überließ. Am 21. Juni 1473 kamen 12 Mönche mit einem Prior an. Sie blieben dem Nürnberger Kloster untergeordnet und erhielten von demselben Statuten, welche namentlich das Studium der Theologie einschärften. Der Graf verglich sie auch mit dem Stifte, daß die Mönche Beichte hören und an hohen Festen und Jahrestagen ihrer Patronen: der h. Maria und des h. Ulrich, zu derselben Zeit predigen durften,

Empfohlene Zitierweise:
Rudolph Moser: Beschreibung des Stadtdirections-Bezirkes Stuttgart. Eduard Hallberger, Stuttgart 1856, Seite 440. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:OAStuttgartStadt0440.png&oldid=- (Version vom 1.8.2018)