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der Volkssprache längst als Silbersand bekannt ist. Unter andern deckt er auch die isolirten Kuppen des Öster- und Steineberges bei Tübingen. Bei außerordentlicher Festigkeit hat er große Neigung, dicke rohe Platten zu bilden, die auf der Pfrondorfer Höhe vielfach ausgebeutet werden. Die dickern Lager haben ein gleichartiges feines Korn, sie liefern auf dem Kreuz nördlich der Stadt einen guten Pflasterstein. Hier wurden in neueren Zeiten auch Wedel von Cycadeen gefunden, und die räthselhaften Palaeoxyris liegen nesterweis, gehören aber gewiß Pflanzenresten an, welche beweisen, daß der ganze Keuper wesentlich Süßwassergebilde sein müsse. Plötzlich stellt sich jedoch über den gelben Sandsteinen ein

Knochenlager ein, welches wegen seiner Verwandschaft mit englischem Vorkommen gewöhnlich Bonebed genannt wird. Der Jordanberg bei Bebenhausen ist schon 1714 als Fundort genannt, denn diese Dinge galten früher als ein wichtiges Arzneimittel. Die Bank erreicht dort stellenweis die Dicke von 10 bis 12 Zollen, und könnte daher wohl einmal die Aufmerksamkeit der Forst- und Landwirthe aus sich ziehen. An andern Punkten ist sie schwächer. Koprolithen, Zähne und Knochen von Plesiosaurus, Hybodus, Ceratodus, Fischschuppen und anderes liegt wirr durch einander, so daß es die Engländer mit einer Cloake vergleichen. Sie ist der Wendepunkt zur Meeresformation, welche mit dem

Lias (schwarzer Jura) beginnt. Dunkle Farbe und stellenweis ein ungeheurer Reichthum von Muschelresten, deren Namen hier nicht alle erwähnt werden können, zeichnet ihn aus. Gerade Bebenhausen war der klassische Boden für die alten schwäbischen Diluvianisten, welche in den Meeresresten die Zeugnisse der Sündfluth vermutheten. Das Niedergehen des Lias bis zu seinen jüngern Gliedern mitten im Keuper bleibt eine sehr auffallende Thatsache, deren richtige Erklärung große Schwierigkeit macht. Die Psilonoten-Bank mit Ammonites psilonotus zeigt sich auf der Waldhäuser Höhe vorzüglich deutlich, darüber die eigenthümlichen vielgenannten Nagelkalke. Der Wald und die Felder, namentlich auf den Herden zwischen Tübingen und Reutlingen, danken den Arietenkalken ihre Fruchtbarkeit. Ganze „Schneckenpflaster“ entblöst die Steinlach bei Dußlingen; gerade die Flußläufe sind in dieser Region besonders lebendig, weil sie über die Steinwälle hinstürzen, und den gewünschten Aufschluß bieten. Die harten Bänke liefern das wichtigste Straßenmaterial, leicht an den riesigen Ammonites arietis und den Millionen Schalen von Gryphaea arcuata erkennbar. Der Malmsandstein lagert überall

Empfohlene Zitierweise:
Karl Eduard Paulus: Beschreibung des Oberamts Tübingen. H. Lindemann, Stuttgart 1867, Seite 031. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:OATuebingen_031.png&oldid=- (Version vom 1.8.2018)