Seite:OATuebingen 035.png

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sowie der größte Theil des gegen das Ammerthal gewendeten Abhanges des Schönbuches aus dem hier in Betracht kommenden Bezirk ausgeschlossen. Es wäre deshalb unrichtig anzunehmen, daß alle Pflanzen, welches in den Floren als bei Tübingen wachsend angegeben werden, auch im Oberamte Tübingen wachsen, so gehört z. B. der Standort des Orobus vernus L., welcher in ganz Deutschland nur bei Tübingen wächst, bereits dem Oberamte Rottenburg an.

Da die Umgrenzung des Oberamtes Tübingen eine rein willkührliche ist und in keinerlei Verhältniß zur natürlichen Beschaffenheit der Gegend steht, so bildet auch die Flora desselben kein abgerundetes Ganzes, welches einen Gegensatz gegen die Flora der benachbarten Bezirke bilden würde und sich durch bestimmte Züge charakterisiren ließe, sondern sie greift auf eine regellose Weise in mehrere Florengebiete ein, welche man bei einer Betrachtung der Flora des ganzen Landes von einander sondern müßte. Um daher nicht eine ganz regellose Aufzählung von Pflanzen zu geben, bin ich genöthigt, verschiedene Theile des Oberamtsbezirkes besonders zu betrachten.

Eine ziemlich charakteristische Abtheilung des Bezirkes bildet der nordwestliche Theil desselben, welcher aus den im Allgemeinen bis auf 1500′–1700′ ansteigenden, aus Keuper bestehenden, in der Höhe vielfach mit Lias bedeckten Bergen des Schönbuches besteht, und beinahe durchgängig mit Wald bedeckt ist. Wie schon der Name andeutet, so besteht dieser Wald vorherrschend aus Buchen, denen jedoch in großer Menge die Eiche, in geringerer Menge die Hainbuche und Birke beigemengt ist, während die Esche, Ulme und der Bergahorn nur eine untergeordnete Rolle spielen. Ursprünglich scheint dieser ganze Waldcomplex der Nadelhölzer ganz entbehrt zu haben; dieses ändert sich jedoch in neuerer Zeit in zunehmendem Maße, indem mehr oder weniger ausgedehnte Strecken mit Föhren oder Rothtannen, denen mitunter auch Lärchen beigemengt sind, bepflanzt werden. Diese Veränderung wird ohne Zweifel mit der Zeit manche Umänderungen in der Gesamtflora dieser Waldparthieen, namentlich in Beziehung aus cryptogamische Gewächse hervorrufen. Unter den Waldbäumen des Schönbuchs verdient in botanischer Beziehung ein einziger, welcher für unsere Gegenden eine Seltenheit ist, jedoch auch auf der Südseite des Neckars im Rammert wiederkehrt, hervorgehoben zu werden; nämlich eine auf sumpfigen Stellen wachsende Birke, deren Stamm in der Jugend mit einem braunen Periderma, im Alter nach Art einer Eiche mit einer rissigen Borke bekleidet ist, eine Form, welche von manchen Schriftstellern zu Betula pubescens Erh. gerechnet wird.

Empfohlene Zitierweise:
Karl Eduard Paulus: Beschreibung des Oberamts Tübingen. H. Lindemann, Stuttgart 1867, Seite 035. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:OATuebingen_035.png&oldid=- (Version vom 1.8.2018)