Seite:OATuebingen 211.png

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1526 vom 17. März bis 8. April und vom 17. April bis 3. Mai allhier weilte, von dem Abt von Adelberg dessen Baumeister, hatte aber, so beschleunigt er den Weiterbau wünschte, wenig vollführt, als er 1534 das Land wieder räumen mußte. Nach der Wiedereinsetzung kam Herzog Ulrich 1535 wegen des Bauwesens selbst nach Tübingen, begleitet von dem Baumeister Heinz von Luther, der die Hauptleitung des Baues erhielt, Meister Balthasar von Darmstadt und Hieronymus Latz. Der obere, meist aus Holz bestehende Bau des Schlosses wurde niedergerissen; nur die Grundmauern und die von Ulrich früher erbauten Eckthürme blieben stehen; nun erhob sich der gewaltige steinerne Stock, starke Basteien wurden errichtet, da das Schloß nach den Regeln der damaligen Kriegskunst angelegt werden sollte. Verwendet hiezu wurden Steine vom Stift Einsiedel und vom Kloster Bebenhausen (Herolt Chronica v. Hall 67). Bis 1540 kostete Ulrichen der Schloßbau 64.387 fl., wozu die Stadt Tübingen 34.230 fl. herbeischießen mußte. Dieser Herzog verschied auf dem Schlosse am 6. Nov. 1550. Sein Sohn, Herzog Christoph, vollendete vornehmlich auch den innern Ausbau desselben. In dem Schloßgraben hatte er ein Paar Löwen, welche ihm Herzog Albrecht von Bayern 1553 zum Gruß geschickt hatte.

Der Weg zum Schlosse führt den steilen Burgsteig hinan. Jenseits eines weiten und tiefen Grabens erheben sich die Vorwerke; an ihrer nordöstlichen Ecke, am weitesten gegen die Stadt hin vorgeschoben, steht malerisch das äußere Thor und rechtshin schließt sich daran die große von Gebüsch überhangene Bastei mit ihren Kanonenlucken, oben zu einem Garten umgeschaffen. Ein starker steinerner Brückenbogen führt statt der früheren Fallbrücke hinüber zum Thore, dessen breite, aus großen Kalktuffquadern gefügte Mauerwand von kräftigem Gesimse bekrönt, von zwei kecken Erkerthürmchen flankirt wird und in der Mitte von dem tiefen triumphbogenartig umrahmten Thorweg durchbrochen wird. Eine Doppelsäulenstellung trägt hier über dem weiten Rundbogen ein vollständiges Gebälk und darüber ist ein riesiger runder Wappenschild, das herzoglich württembergische Wappen angebracht, vom Hosenbandorden umfaßt und um dasselbe wild umher Früchte, Fratzen, Geschnörkel. Über den beiden äußeren Säulen stehen, wie um das Wappen zu schützen, zwei Landsknechte in ihrer reichen abenteuerlichen Wehrtracht, der links die Hackenbüchse anlegend, der rechts mit beiden Händen sein Schwert schwingend. Das Thor ist ohne Zweifel unter Herzog Ulrich, jenes Wappen später unter Herzog Friedrich († 1608) ausgeführt worden.

Empfohlene Zitierweise:
Karl Eduard Paulus: Beschreibung des Oberamts Tübingen. H. Lindemann, Stuttgart 1867, Seite 211. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:OATuebingen_211.png&oldid=- (Version vom 1.8.2018)