Seite:OATuebingen 235.png

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5. Die deutsche Knabenschule, zugleich Kaufhaus (ursprünglich Kornhaus), in der Kornhausstraße gelegen, enthält im untern Raum die Fruchtschranne, im zweiten Stockwerk 3 Lehrzimmer und Wohngelasse für 3 Unterlehrer, im dritten Stockwerk 2 Lehrzimmer und 2 Lehrerwohnungen. Dieses ehemalige Kornhaus gilt in seinen Grundmauern für das älteste der noch vorhandenen Häuser der Stadt; es diente schon in den frühesten Zeiten nicht bloß zum städtischen Speicher, sondern auch in seinen oberen Räumen zu Bürgerversammlungen und Hochzeitslustbarkeiten. Die an einem seiner Pfeiler eingemeißelte Zahl 473, d. i. 1473, wird wohl nur die Zeit eines Umbaues bedeuten.

6. Die deutsche Mädchenschule (ehemaliges Fakultätshaus) in der Münzgasse, enthält 9 Lehrzimmer.

7. Das Stadtmagazin, früher herrschaftlicher Fruchtkasten und Kelter, in der Schmiedthorgasse; in dem unteren Raum desselben werden verschiedene, der Stadt gehörige Materialien, Gerätschaften etc. aufbewahrt, die oberen Räume dienen als Trockenböden für Hopfen.

8. Das alte Schießhaus vor dem Neckarthor an der Steinlach, jetzt Badhaus, welches die Stadt verpachtet.

Im Eigenthum der Stiftungspflege stehen folgende Gebäude:

1. Die Spitalkirche zu St. Jacob liegt frei im nordwestlichen Theil der Stadt, mitten in dem früheren großen Kirchhof, welcher noch im 16. Jahrhundert die große Leichlege hieß. Außer dem in spätgothischem Stil erbauten Chore ist das einschiffige, flachgedeckte Langhaus noch der alte romanische Bau, in Urkunden häufig nur die Kapelle zu St. Jacob genannt. Von den schmalen, tiefeingeschrägten Rundbogenfensterchen haben sich an den wohlgefügten Langseiten noch einige erhalten, sonst sind große spätgothische Spitzbogenfenster und in die fensterlose Westseite ein Spitzbogenportal eingebrochen worden. Um den Bau zu fördern, beschlossen 1502 Probst, Ober- und Untervogt, daß die Brüderschaft der Handwerker und Weingärtner aufgehoben und abgethan, ihr Vermögen an Baarschaft und Gülten aber in Betracht der nothdürftigen Armuth des Gotteshauses diesem übergeben werden sollte. Die Kirche ward am 15. Mai 1520 mit ihren, den Heiligen Konrad, Wendel, Christoph, Anna und Genovefa gewidmeten Altären von Bischof Hugo von Constanz neu geweiht und zu Gunsten der weiteren Herstellung mit Ablaß versehen. Der etwas schmälere geräumige Chor ist halbachteckig geschlossen und hat an der Ostseite die Inschrift: anno domini 1500 in dem Xtag des brachmonetz ist gelegt der erst stain an dissem kor; er zeigt schlanke mit Maßwerk gefüllte Fenster und einfache Strebepfeiler, die das reiche herrliche Netzgewölbe

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Karl Eduard Paulus: Beschreibung des Oberamts Tübingen. H. Lindemann, Stuttgart 1867, Seite 235. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:OATuebingen_235.png&oldid=- (Version vom 1.8.2018)